von und mit Studierenden des Max Reinhardt Seminars

Monologe plus

Das Projekt "Monologe plus" verbindet in einer Collage die persönlichen Aufzeichnungen der Schauspielstudenten, die während der Probenarbeit entstanden sind, mit den eigentlichen Textvorlagen und macht sie so hörbar.

"Das fragst du noch!"

Es ist wahrscheinlich die Liebe zum Medium an sich. Aber mit Sicherheit ist es auch die Liebe zu den Texten und der Interpretation ebendieser. Der Regisseur Harald Krewer, Lehrbeauftragter am Max Reinhardt Seminar, hat auch heuer wieder mit Studentinnen und Studenten des Seminars im Hörspielstudio RP4 eine Hörspielproduktion erarbeitet.

Die Zusammenarbeit mit dem ORF und dem Max Reinhardt Seminar wurde durch den ehemaligen Hörspielleiter Konrad Zobel ermöglicht. Neben den theoretischen Grundlagen und dem Kennenlernen der Praxis im Studio steht die Produktion eines Hörspiels für Ö1 im Mittelpunkt der Lehrveranstaltung. Den Erfolg dieser Lehrveranstaltung, die einzige ihrer Art im deutschsprachigen Raum, bestätigt die Übernahme der Vorjahresproduktion "Zwischen Nase und Brillenbogen" von Andreas Jungwirth durch den Hessischen Rundfunk.

Schauspielausbildung und Hörspiel

Ein Standardwerk der Schauspielausbildung ist das Buch "Die Arbeit des Schauspielers an der Rolle" des russischen Regisseurs Konstantin S. Stanislawskij. Darin wird in erzählender Form die grundlegende Frage der Bühnenkunst behandelt: der Arbeitsprozess des Schauspielers und des Regisseurs am Stück und an der Rolle. Der Bogen spannt sich von grundlegenden Ansichten über den Entstehungsprozess einer Rolle, vom ersten Kennenlernen der Rolle bis zu dem Moment, wo der Schauspieler die Bühne betritt.

Die Arbeitsmethoden haben sich im Laufe der Jahre immer wieder verändert, dennoch ist der Prozess der "Verwandlung" ein wesentlicher Bestandteil des Schauspielers. Die Arbeit beim Hörspiel lässt sich zwar nicht mit dem wochenlangen Probenprozess einer Theaterinszenierung vergleichen, dennoch gibt es viele Gemeinsamkeiten. Auch im Hörspiel geht es nicht um die Verstellung (der Stimme), sondern um Wahrhaftigkeit, wie es Max Reinhardt gefordert hat.

Im Studio erfordert das Sprechen vor dem Mikrophon neben den äußeren Techniken wie Stimme, Diktion, Intonation und Pausen eine innere psychologische Grundhaltung der Sprache. Diese beruht auf den Vorstellungen oder den illustrierten Untertexten, die vom Schauspieler geschaffen werden, um den Text des Autors lebendig werden zu lassen.

Motive, Miniaturen, Texte

Die Texte für das Hörspielprojekt mit dem Max Reinhardt Seminar können sehr unterschiedlich sein. 2006 waren es die "Stilübungen" des französischen Schriftstellers und Surrealisten Raymond Queneau. Mit 99 verschiedenen rhetorischen Stilfiguren erzählt Queneau eine kleine fiktive Begebenheit von einem jungen Mann mit Hut im Pariser Omnibus S vor der Haltestelle Gare Saint-Lazare. 38 dieser Variationen wurden dann akutsisch umgesetzt.

Im Jahr 2007 war eine Auswahl aus 61 literarischen Miniaturen mit dem Titel "Zwischen Nase und Brillenbogen" des österreichischen Autors Andreas Jungwirth wirkungsvoll für das Medium Radio zu interpretieren.

2008 stehen nun Texte sehr unterschiedlicher Autoren auf dem Programm: So reicht das Spektrum von Theaterklassikern wie Shakespeares "Romeo und Julia" und "Was ihr wollt" hin zu Büchners "Dantons Tod". Auch die Literatur des ausklingenden 19. und frühen 20. Jahrhunderts ist mit Cechovs "Onkel Wanja", "Die Möwe" und seinen "Drei Schwestern" vertreten. Die Auswahl reicht von Brechts "Furcht und Elend des Dritten Reiches" bis hin zu zeitgenössischen Dramatikern. Unter letzteren finden sich prominente Namen wie Neil LaBute mit "Bash" und Dennis Kelly mit "Schutt" sowie Rainald Goetz mit "Jeff Koons" und Ewald Palmetshofer mit "hamlet ist tot. keine schwerkraft".

Vorlagen, Aufzeichnungen, Collagen

Das Hörstück "Monologe plus" unternimmt den Versuch, die persönlichen Aufzeichnungen der Schauspielstudenten, die während der Probenarbeit entstanden sind, hörbar zu machen und mit den eigentlichen Textvorlagen zu montieren. Die Aufzeichnungen sind persönliche Notizen, Tagebuchaufzeichnungen, Musikstücke, Regieanweisungen sowie spontane Gedanken und Gefühle, die mit eigenen Worten ausgedrückt werden und sich aus der Analyse des Textes ergeben haben. Zu hören ist das individuell-assoziative Material der Schauspieler, ihre "Arbeit an der Rolle".

In Collagen verbinden sich moderne Texte wie "Bash" von Neil LaBute mit Textstellen aus "Penthesilea" von Kleist. So war zum Beispiel der Song "Rebell" der Gruppe Die Ärzte für einen Schauspieler Ausgangspunkt für die Probenarbeit an einem Text von Rainald Goetz. Der klassische Monolog der Julia enthält auch die persönlichen, privaten Aufzeichnungen aus dem Skizzenbuch der Schauspielerin.

In der diesjährigen Zusammenstellung von Ausschnitten aus Theatertexten geht es inhaltlich vor allem um Liebe und Hass: Um eine Liebe, die manchmal auch in Hass umschlagen kann. In diesem Sinne bietet "Monologe plus" einen kommentierten Streifzug durch die Weltliteratur und lässt die persönlichen Erfahrungen der Schauspielerinnen und Schauspieler durch das Medium Radio hörbar werden.

Hör-Tipp
Hörspiel-Studio, Dienstag, 30. Dezember 2008, 21:01 Uhr

Link
Max Reinhardt Seminar