Bachs Johannes-Passion im Grazer MUMUTH
Klänge in gewagter Architektur
Mehr als 40 Jahre hat es gedauert, bis die Kunstuniversität Graz Proben- und Aufführungsräume erhalten hat. Am 1. März 2009 wurde das MUMUTH schließlich eröffnet. Einige Ö1 Club-Mitglieder konnten dort die Johannespassion am 8. April exklusiv hören.
8. April 2017, 21:58
Die Grazer Kunstuniversität hat mit dem kürzlich eröffneten "Haus für Musik und Musiktheater", kurz MUMUTH, ein architektonisches Highlight in der Altstadt gesetzt. Gestaltet von dem niederländischen Star-Architekten Ben Van Berkel bietet das neue Gebäude den Studierenden einen außergewöhnlichen Aufführungsort. Ö1 Club-Mitglieder ließen sich davon bei einer exklusiven Präsentation des Hauses durch den Vizerektor und der anschließenden Aufführung der Johannes-Passion von Johann Sebastian Bach überzeugen.
Spirale als Raumkonzept
Robert Höldrich, Vizerektor der Kunstuniversität Graz, erläuterte der Gruppe von Ö1 Club-Mitgliedern zunächst die Gedanken des Architekten: Van Berkel wollte im MUMUTH die Dynamik der Musik im Gebäude reflektieren. Dafür entwickelte er ein spiralförmiges Konzept, wobei vom Foyer bis zum Saal die Wände "gedreht" werden. Sichtbar wird der daraus entstehende dynamische Twist in einem völlig säulenfreien Raum und den geschwungenen Treppen, die schon beim Betreten des Gebäudes faszinieren.
Auch bei der Glasfassade finden sich Bezüge zur Musik - hier ließ sich Van Berkel von alten Autographen inspirieren. Er kreierte notenähnliche Ornamente, die neben der Außenfassade auch den Saal prägen. Die geschwungenen Wände im Saal dienen der Akustik und sind wie die Stühle in dunklem Aubergine gehalten. Das ausgeklügelte Farbkonzept kommt dabei auch am Abend zur Geltung: Da strahlt die Außenfassade des MUMUTH in den Spektralfarben.
Theatralische Passion
Nach den spannenden Ausführungen zur Architektur sprach der Regisseur Christian Pöppelreiter über die Inszenierung "seiner" Johannes-Passion: Vor ziemlich genau 285 Jahren, am Karfreitag 1724, wurde das Werk von Johann Sebastian Bach in Leipzig uraufgeführt. Es war damals Brauch, die Leidensgeschichte Christi nach den vier Evangelisten zu vertonen.
Laut Pöppelreiter ist jedoch das Geschichtsverständnis des Evangelisten Johannes durchaus mit jenem von Shakespeare vergleichbar. Bach gestaltete in seinem Oratorium die Dichtung in Form einfacher musikdramatischer Bilder. Für den Regisseur macht das heutige Theater solche Geschichten "erlebbar" und gegenwärtig, und vergrößert die Wirkung eines bislang nur in Kirche und Konzertsaal präsentierten Werkes.
Bei der aktuellen Inszenierung im MUMUTH wird diese Wirkung auch durch die vom Büro Van Berkel ausgestattete Bühne verstärkt: Eine Endlos-Schleife, die auch das Publikum einschließt und damit zu Beteiligten des Geschehens macht, dient als Metapher für das endlose Leid aller Vertriebenen und sorgt für ein dynamisches Passionsspiel. Nach einem kleinen Umtrunk konnten die Ö1 Club-Mitglieder diese bewegende Aufführung in einem außergewöhnlichen Ambiente genießen.
Mehr zum MUMUTH Graz in oe1.ORF.at
Ö1 Club-Tipp
Im Haus für Musik und Musiktheater bekommen Ö1 Club-Mitglieder ermäßigten Eintritt (zehn Prozent).
Link
Universität für Musik und darstellende Kunst Graz