Polen trauert um seinen Präsdienten

Schweigeminuten für Kaczynski

Polen steht nach dem Flugzeug-Unglück von Smolensk und dem Tod von Präsident Lech Kaczynski unter Schock. Tausende kamen zum Präsidentenpalast in Warschau, legten Blumen nieder und stellten Grablichter auf.

Morgenjournal 11.04.2010

Einwöchige Staatstrauer

Die politischen Grabenkämpfe sind vergessen, der Tod des Staatspräsidenten und zahlreicher weiterer polnischer Spitzenpolitiker schockiert alle. "Jetzt gibt es keine Linke, keine Rechte", erklärt Parlamentspräsident Bronisław Komorowski, der gemäß der Verfassung die Geschäfte des tödlich verunglückten Staatsoberhauptes übernommen hat. "Im Angesicht dieser nationalen Katastrophe sind wir heute zusammen."

Komorowski hat eine einwöchige Staatrauer angeordnet. Heute Mittag gedenkt Polen mit zwei Schweigeminuten der Opfer. In Warschau versammelten sich am Abend vor dem Präsidentenpalast Zehntausende Menschen, landesweit wurden Gedenkgottesdienste abgehalten.

Parlamentspräsident Komorowski soll innerhalb von 14 Tagen den Termin der Präsidentenwahl bekanntgeben. Laut Verfassung muss die Wahl spätestens am 20. Juni stattfinden.

Keine Überlebenden

Aus den Trümmern der polnischen Präsidentenmaschine in Russland ist die Leiche von Staatschef Lech Kaczynski geborgen worden. Kaczynski war auf dem Weg zu einer Gedenkfeier, als das Flugzeug beim Anflug auf das westrussische Smolensk mehrere Bäume streifte und abstürzte. Keiner der 96 Insassen überlebte das Unglück. An Bord befanden sich 88 hochrangige Mitglieder der polnischen Delegation, darunter die gesamte Armeeführung des Landes.

Pilotenfehler vermutet

Ein Fluglotse soll dem Piloten des polnischen Präsidentenflugzeugs kurz vor dem Anflug auf Smolensk geraten haben, wegen dichten Nebels nach Minsk in Weißrussland auszuweichen, berichtete eine polnische Zeitung unter Berufung auf Militärkreise. Der polnische Pilot soll trotz der Warnung viermal den Landeanflug versucht haben. Ein Luftfahrtexperte sagte dem Bericht zufolge, dem Piloten habe wahrscheinlich die "nötige Durchsetzungsfähigkeit" gegen den Präsidenten gefehlt.

Internationale Anteilnahme

Mit Bestürzung haben Staats- und Regierungschefs in aller Welt auf die Nachricht vom Tod des polnischen Präsidenten reagiert. US-Präsident Obama bezeichnete Kaczynskis Tod als verheerenden Verlust für Polen, die USA und die Welt.

Die Regierungschefs von Polen und Russland, Donald Tusk und Wladimir Putin, gedachten am Samstagabend in Smolensk der Todesopfer. Gemeinsam legten sie am Ort der Katastrophe Blumen nieder. Putin versicherte Tusk, dass russische und polnische Spezialisten bei der raschen Aufklärung des Unglücks zusammenarbeiten würden.

Mittagsjournal, 11.04.2010

Opfer werden identifiziert

In Moskau und Smolensk sind die Angehörigen der Opfer eingetroffen, um bei der Identifizierung zu helfen und die Toten zurück in die Heimat zu bringen. Russland hat für die Angehörigen alle Reisebeschränkungen aufgehoben. Auch der frühere polnische Regierunghschef Jaroslaw Kaczynski ist nach Smolensk gekommen, um seinen Bruder und dessen Ehefrau zu identifizieren. Die sterbilchen Überreste von Lech Kaczynski werden noch heute nach Warschau überführt.