Sarg Kaczynskis wird morgen aufgebahrt

Ganz Polen in tiefer Trauer

Die Bevölkerung in Polen trauert um Präsident Lech Kaczynski und die weiteren 96 Opfer des Flugzeugabsturzes vom Samstag in Russland. Bis spät in die Nacht füllten die Trauernden die Straßen in Moskau. Der Sarg Kaczynskis soll morgen öffentlich aufgebahrt werden.

Morgenjournal 12.04.2010

Tausende trauern auf den Straßen

Ganz Polen trauert um den polnischen Präsidenten Kaczynski, seine Frau Maria und weitere Spitzenpolitiker, die bei einem Flugzeugabsturz am Samstag im Westen Russlands ums Leben gekommen waren. Bis spät in die Nacht harrten Tausende vor dem Amtssitz in Warschau aus, legten Blumen nieder, sangen Kirchenlieder und zündeten Grabkerzen an. Überall hingen weiß-rote Nationalflaggen. Wegen der Menschenmassen blieb die Allee vor dem Präsidentenpalast für den Verkehr gesperrt.

Morgen öffentliche Aufbahrung

Zehntausende Polen bekundeten am Straßenrand ihre Trauer, als der Sarg in einem Leichenwagen in die Innenstadt gefahren und in die Kapelle des Präsidentenpalastes gebracht wurde. Über den Beisetzungstermin wollten Vertreter der Regierung und der Kanzlei des Präsidenten heute Montag sprechen. Der Sarg mit den sterblichen Überresten Lech Kaczynskis soll am Dienstag öffentlich aufgebahrt werden.

Positive Effekte

Die polnisch-russischen Beziehungen werden sich unter dem Einfluss der Flugzeugkatastrophe in Smolensk verändern, meinen Experten. Während zunächst die skeptischen Stimmen überwogen, glauben viele nun an einen positiven Effekt. Grund dafür ist die Reaktion des Kremls auf den Tod des polnischen Präsidenten und vieler anderer wichtiger Persönlichkeiten.

"Das ist fast wie eine nationale Totenmesse"

Der Warschauer Politologe Adam Krzeminski im Morgenjournal-Gespräch mit

Slawische Emotionalität

Der Warschauer Politologe Adam Krzeminski erklärt die große Trauer und Emotion in Polen mit dem Verweis viele Ursachen, auch historische. Sie gelte allen Opfern, nicht nur dem Präsidenten, Krzeminski im Ö1-Morgenjournal-Gespräch. Dazu komme eine Verblüffung darüber, dass man auch in Russland Mitgefühl und Solidarität erlebe. "Das ist fast wie eine nationale Totenmesse." Von einer neuen Freundschaft zwischen Polen und Russland will Adam Krzeminski nicht reden, aber "es gibt in Polen so etwas wie eine Affinität für die russische Art und Mentalität. Wir haben uns vor Jahrzehnten immer für die oppositionelle russische Literatur interessiert. Und diesmal ist es aufgebrochen." Die ausgestreckte Hand Russlands werde in Polen angenommen, meint der Politologe, das höre man auf der Straße und in den Kommentaren der Medien. "Es gibt so etwas wie eine slawische Emotionalität. Und diesmal funktioniert das."

Begrenzter Mitleidsbonus

Die Chancen des Zwillingsbruders Jaroslaw Kaczynski, möglicherweise zum neuen Präsidenten Polen gewählt zu werden, sind nach Ansicht Krzeminskis kaum einzuschätzen: "Wenn er antreten würde, hätte er natürlich einen Bonus des Mitleids. Aber ob das in zwei Monaten während das Wahlkampf noch funktionieren würde, ist schwer zu sagen."