Virtueller Bühne für "Romeo und Julia"

Shakespeare auf Twitter

Die Royal Shakespeare Company in London zeigt mit ihrem neuesten Projekt, dass sie fit fürs 21. Jahrhundert ist. Auf der beliebten Mikroblogging-Webseite Twitter improvisieren sechs Darsteller das wohl berühmteste Liebesdrama der Welt, "Romeo und Julia".

Kultur aktuell, 13.04.2010

Fünf Wochen lang können Twitter-Fans ab sofort die Geschichte der beiden in Echtzeit mit verfolgen, angepasst an die heutige Zeit sind die Protagonisten web-begeisterte Teenager, aktuelle Ereignisse, wie die Unterhauswahlen und der London Marathon werden ins Drama mit eingearbeitet.

Pressekonferenz mit Laptop

Romeo und Julia auf Twitter brauchen keine Bühne und so gibt es statt einer Vorführung eine simple Pressekonferenz mit Laptop - immerhin im Shakespeares Head Pub. Das Liebesdrama wird in Echtzeit als Mikroblog nacherzählt, stundenlanges Text lernen bleibt den Schauspielern erspart.

Vorgegeben ist nur, welche Ereignisse in einem bestimmten Zeitrahmen passieren müssen, sagt Regisseurin Roxana Silbert: "Die Schauspieler müssen täglich improvisieren und wir verfolgen ihre Tweets um sicherzustellen, dass sich die Geschichte entwickelt und auch die Interaktion mit den Zuschauern online funktioniert. Es werden auch aktuelle Ereignisse wie die Wahlen und der London Marathon eingebaut."

Tod durch Autounfall

Die Welt von "Romeo und Julia" ist eine fiktionale Kleinstadt in Großbritannien. Julias Mutter ist bei einem Autounfall ums Leben gekommen, den Romeos Vater verursacht hat. Die beiden schildern auf Twitter ihren Tagesablauf und ihre Erlebnisse, stellen Bilder und Videos ins Internet, wie eben alle Jugendlichen in ihrem Alter.

Julia, verkörpert durch Charlotte Wakefield, ist eine Jungschauspielerin mit Westend-Musical-Erfahrung, die virtuelle Bühne auf Twitter findet sie ebenso spannend wie das echte Scheinwerferlicht: "Ich war gestern den ganzen Tag auf Twitter, man taucht immer stärker in die Rolle ein, ich habe auch ein privates Twitter-Profil und manchmal frage ich mich selbst, bin ich jetzt ich oder Julia."

"Das ist das Großartige daran, man kann sich sehr leicht in die Rolle hineinversetzen, die Geschichte spielt in unserer Zeit, wir sind normale Teenager, Romeo liebt seine Computerspiele, genau wie ich, es ist nicht besonders schwierig, ihn zu spielen", sagt James Barrett, Theater- und Fernsehschauspieler über seine Twitter-Existenz als Romeo.

Via Twitter Opernlibretto kreiert

Es ist nicht neu, dass die Kulturszene Twitter als Plattform für neue Experimente nützt. Vergangenes Jahr hat das Royal Opera House auf Twitter eine Oper schreiben lassen.

Regisseurin Roxana Silbert glaubt, dass "Romeo und Julia" über die Mikroblogging-Seite ein neues Publikum anspricht: "Erstens ist Twitter international, das ist fantastisch, zweitens haben Menschen, die Tweets schreiben, ein sehr breit gefächertes kulturelles Interesse, sie gehen aber nicht unbedingt ins Theater. Für uns ist das die Gelegenheit, ihnen eine dramatische Geschichte zu erzählen."

Internationale Fangemeinde
Romeo und Julia sind erst seit wenigen Stunden auf Twitter und haben schon eine Fangemeinde, die die Ereignisse der beiden mit verfolgt, Ziel sind 10.000 Follower. Die Royal Shakespeare Company kann sich auch vorstellen, dass in Zukunft weitere Shakespeare-Stücke auf Twitter ein neues Publikum finden.

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Royal Shakespeare Company