Großbritannien vor Machtwechsel

Das waren 13 Jahre Labour

Die Parlamentswahl in Großbritannien könnte das Aus für Labour nach 13 Jahren in der Regierung bedeuten. Tony Blair hatte 1997 den Anfang gemacht, jetzt kämpft Gordon Brown um den Verbleib an der Macht, mit wenig chancenreichen Aussichten.

Mittagsjournal, 06.05.2010

Start mit Blair 1997

Unter dem Jubel der britischen Öffentlichkeit führt Tony Blair im Mai 1997 seine New Labour Partei in die Regierung. Er bringt Dynamik, Charisma und seine Spin Doktoren mit in die Downing Street. Blairs „Dritter Weg“ soll das Gute aus Sozialdemokratie und Wirtschaftsliberalismus zusammenbringen. Labour reformiert den staatlichen Gesundheitsdienst, Patienten müssen nicht mehr monatelang auf eine Operation warten. Es werden Straßen und Schulen gebaut, die Regierung führt den Mindestlohn ein. Die neue Aufgabe von New Labour sei es, die Menschen nicht zurückzuhalten, sondern ihnen zu helfen - allen Menschen, verkündet der neue Premierminister.

Wiederwahl 2001

Der Klassenkampfgedanke existiert nicht mehr. New Labour wird zu einer Volkspartei, Wirtschaftsminister Peter Mandelson gibt die Devise aus, man sei „extrem entspannt gegenüber Leuten, die stinkreich werden – solange sie ihre Steuern zahlen“. Von der wirtschaftsfreundlichen Stimmung angelockt, ziehen russische Oligarchen wie arabische Ölscheichs in Scharen nach London. Premierminister Tony Blair gewinnt 2001 locker seine Wiederwahl.

Irak-Krieg mit den USA

Dann erfasst der Krieg gegen den Terror die Welt, der Premierminister verspricht seinem guten Freund Präsident George W. Bush, die USA dabei zu unterstützen. Die New Labour Regierung beschließt im März 2003 gegen den Willen der Bevölkerung Truppen in den Irak zu schicken. Der Premierminister bestätigt, die Nation befindet sich im Krieg. Saddam Hussein wird gestürzt, aber es werden keine Massenvernichtungswaffen gefunden, die erste große Vertrauenskrise beginnt. Der Premierminister wird als Lügner gebrandmarkt. Zwei Jahre später gelingt Blair das fast Unmögliche, er gewinnt zum 3. Mal in Folge die Wahl, allerdings nur knapp.

Anschläge in London

Die Terroranschläge auf das Londoner Verkehrsnetz einen das Königreich in seiner Trauer, 52 Menschen sterben. Die New Labour Regierung beschließt eine Reihe von neuen Anti-Terror-Gesetzen. Verdächtige können unter anderem bis zu 28 Tage ohne Anklage festgehalten werden. Die Opposition in der eigenen Partei ist groß, es werden Risse spürbar. Das Lager von Schatzkanzler Gordon Brown drängt auf einen Wechsel. Nach 10 Jahren im Amt tritt Blair im Sommer 2007 ab.
Er wünscht Freund und Feind im Parlament alles Gute, bekommt dafür stehende Ovationen.

Ära Brown ab 2007

Mit dem hölzernen Sachpolitiker Gordon Brown bricht eine neue Ära an, er verspricht weniger Flash mehr Gordon. Brown sagt er habe eine starke Zielsetzung, einen unerschütterlichen Willen, werde resolut eingreifen, verstehe die Sorgen der Menschen und werde ihre Hoffnungen erfüllen.
Brown hatte als Schatzkanzler mit einer deregulierten Wirtschaftspolitik Großbritannien zu einer der stärksten Industrienationen gemacht, die Steuereinnahmen aus dem Finanzsektor finanzierten die ehrgeizigen Labour Ziele, die Regierung legte nichts für schlechte Tage beiseite. Die kommen als Brown Premierminister wird. Wenige Monate später stürmen besorgte Sparer Northern Rock: Die Bausparkasse muss verstaatlicht werden, weitere Institute folgen. Der Premierminister pumpt Milliarden an Steuergeld in die Banken, das sichert ihm kurzfristig das Vertrauen der Bevölkerung als Krisenmanager.

Rezession erreicht Höhepunkt

Brown setzt sich für die Reform des internationalen Finanzsystems ein, Transparenz, gutes Haushalten müsse über alle Grenzen hinweg gelten.

Aber Großbritannien schlittert in die schlimmste Rezession in Friedenszeiten, die Arbeitslosigkeit steigt rapide an, der Immobilienmarkt bricht ein, die Staatsschulden steigen in schwindelnde Höhen, die Konjunkturpakete zeigen kaum Wirkung. Innerparteilich bricht eine Führungsdebatte aus, mehrere Minister und Staatssekretäre treten aus Protest gegen Gordon Brown zurück. Er sei herrisch und beratungsresistent. Zusätzlich erschüttert ein massiver Spesenskandal das Parlament, es wird bekannt, Abgeordnete aller Parteien und auch Lords hatten jahrelang das großzügige System ausgenützt und sich persönlich bereichert. Mehrere Parlamentarier müssen gehen, der Großteil zahlt Millionen an Spesen zurück. Labour kommt am stärksten unter Beschuss.

Der letzte Kampf

Gordon Brown beginnt seinen letzten Kampf um einen Verbleib an der Spitze, er zögert die Wahl so lange es geht hinaus. Der Wahlkampf wird für ihn zum persönlichen Desaster, als ein Mikrofon auffängt, wie er in einem Privatgespräch eine treue Labour Wählerin beleidigt. Die Wahl ist noch nicht entschieden, aber für Labour sieht es schlecht aus, die goldenen Zeiten der Sozialdemokratie in Großbritannien sind schon länger vorbei, die Tür zur Macht könnte sich morgen schließen.