Weisenrat legt Strategie bis 2030 vor

Die Zukunft der EU

Wie muss die Europäische Union in 20 Jahren aussehen, um auf all die globalen Veränderungen und Herausforderungen adäquat reagieren zu können? Die Union hat dafür im Frühjahr 2008 eine Art "Weisenrat", eine Reflexionsgruppe eingerichtet, die nun ihren Bericht vorlegt.

Dem Weiserat gehören zwölf Mitglieder an, darunter ehemalige europäische Staats- und Regierungschefs wie der polnische Ex-Präsident Lech Walesa, und europäische Denker. Den Vorsitz hat der spanische Ex-Premier Felipe Gonzalez, mit dabei auch der österreichische Migrationsexperte Rainer Münz. Am Samtag legen die zwölf Weisen ihren Bericht EU-Präsident Hermann von Rompuy vor. Sukkus der zweijährigen Reflexion: Will die EU auch in Zukunft ein Global Player bleiben, muss sie noch enger und koordinierter zusammenarbeiten.

Mittagsjournal, 08.05.2010

Schaffen Ziel nur gemeinsam

Wird die Europäische Union ihren Status innerhalb der globalisierenden Welt halten und gar noch ausbauen können? - Darauf gibt der Bericht der Weisen eine klare Antwort: Ja. Aber dafür muss die Europäische Union in den nächsten Jahren auch einiges tun. Und das Motto muss heißen: Wir schaffen es nur gemeinsam - so das Resümee des Berichts.

Münz: Verschiebung nach Asien

Die wirtschaftlichen Machtverhältnisse werden sich in den nächsten Jahren verschieben, sagt Rainer Münz, Mitglied des Weisenrates. Man muss sich die Welt 2050 vorstellen, wo voraussichtlich China und Indien ein größeres Bruttosozialprodukt erwirtschaften als die USA. Das wird auch zu Machtverschiebungen nach Asien führen. Die Rolle Europas wird kleiner werden, deshalb sei es wichtig eine gemeinsame europäische Antwort zu liefern, denn die einzelnen Staaten werden an Einfluss verlieren, so Münz.

EU muss geschlossener auftreten

Die Antwort könne daher nur heißen: Die Europäische Union muss noch geschlossener nach innen und nach außen auftreten, zum Beispiel in Wirtschaftsfragen. Die europäische Wirtschafts- und Fiskalpolitik muss besser koordiniert werden. Die einzelnen Mitglieder der Eurozone dürfen nicht unterschiedliche Ziele verfolgen, die einen auf Wachstum, die anderen auf Budgetkonsolidierung.

Das bedeutet nicht, dass es eine gemeinsame Wirtschaftsregierung geben müsse, so Rainer Münz, aber eine effizientere Koordination innerhalb der Mitgliedsstaaten.

Gonzales: Lernen aus der Krise

Eine gemeinsame Strategie braucht es auch, wenn es um die Regelung des Finanzsektors geht, betont der Vorsitzende des Weisenrates, Spaniens Ex-Premier Felipe Gonzalez: "Es wird notwendig sein, Spekulanten und jene, die sich bedenkenlos der Kapitalmärkte bedient haben, zur Verantwortung zu ziehen. Den Bürgern muss man klar sagen, dass die Krise nicht ohne Folgen bleiben wird. Wir alle werden große Anstrengungen unternehmen müssen, dann können wir die Lage sogar verbessern und gute Perspektiven schaffen".

Länger arbeiten unumgänglich

Eng verknüpft mit der Wirtschaftspolitik und der Wettbewerbsfähigkeit Europas ist die Bevölkerungsfrage. Europa wird immer älter, immer weniger junge Menschen müssen das Sozial-und vor allem das Pensionssystem erhalten. Das Sozialsystem muss umgebaut werden, gleichzeitig müssen mehr Menschen Zugang zum Arbeitsmarkt haben. Die EU muss da die Rahmenbedingungen verbessern, so Gonzales: "Europa hat ein ernsthaftes strukturelles Problem, dagegen muss man Maßnahmen ergreifen. Zum Beispiel den Frauen den Weg in den Arbeitsmarkt ebnen, da muss noch viel geschehen. Sie müssen Kinder ohne Schwierigkeiten bekommen können und dazu bedarf es gesicherter Kindereinrichtungen. Eine weitere Maßnahme ist die freiwillige Verlängerung der Lebensarbeitszeit, man muss Anreize schaffen, damit die Menschen später in Pension gehen. Vor 100 Jahren lag die Lebenserwartung bei 46 Jahren, heute liegt sie bei über 80.

Ideen sind langlebig

Längere Lebensarbeitszeit, mehr kontrollierte Zuwanderung, Straffung des Sozialsystems und das alles europaweit koordiniert bei gleichzeitig mehr Bürgernähe der Union. Das ist das Rezept, das die 12 Weisen den EU-Staats-und Regierungschefs vorlegen. Inwieweit diese das aufgreifen oder der Bericht einfach nur in einer Schublade verschwindet. Ideen in Europa sind langlebig, meint Rainer Münz. So manche Idee, wie die der gemeinsamen Währung war zunächst auch nur auf Papier und in Schubladen in Brüssel, so Münz und jetzt ist der Euro Realität.