EZB-Ökonom für unabhängige Budgetprüfung

Euro-Krise als Weckruf an die Politik

Man befinde sich in einer schweren Krise, aber niemand stelle den Euro in Frage, betont der Chefökonom der Europäischen Zentralbank (EZB), Jürgen Stark. Die derzeitige Situation sei ein Weckruf an die Politiker. Die Länder müssten ihre Politik stärker auf die Bedingungen der Währungsunion ausrichten.

Mittagsjournal, 17.05.2010

Unabhängige Prüfung der Budgets

Zum Kampf gegen die Krise reiche es nicht, die Bugdetplanung der einzelnen Länder vorab zu prüfen, sagt Stark im Ö1-Interview. Es müssten auch rechtzeitig Korrekturmaßnahmen getroffen werden. Ein eigenes Gremium sollte sich regelmäßig mit der Lage der öffentlichen Finanzen befassen. Als Vorbild nennt Stark das unabhängige "Congressional Budget Office" in den USA, das von beiden Parteien der Vereinigten Staaten akzeptiert werde. In diese Richtung ginge auch die Einführung einer Automatik für Sanktionen, wie sie vom österreichischen EU-Parlamentarier Othmar Karas (ÖVP) gefordert wird.

Umfassende Kontrolle

Die diskutierte Regulierung für Hedgefonds reicht nach Ansicht des EZB-Chefökonomen nicht aus: "Es gibt nicht die Patentlösung, indem man ein Marktsegment reguliert." Hier müsse man auf den Konsens der G20-Staats- und Regierungschefs vom November 2008 zurückgehen, dass kein Marktsegment, kein Finanzinstrument oder kein Finanzinstitut unbeaufsichtigt bleiben sollte. Es brauche eine fundamentale Veränderung des internationalen Finanzsystems.

CDS regeln, aber nicht verbieten

Ein Verbot von Kreditversicherungen (Credit Default Swaps, CDS) ginge nach Ansicht Starks zu weit. Es gebe auch andere Formen der Regulierung. CDS seien durchaus zweckmäßig, wenn sie richtig eingesetzt würden. Es gehe vor allem um mehr Transparenz.

Keine Inflationsgefahr

Befürchtungen, dass die neue Strategie der EZB, Staatsanleihen aufzukaufen, die Inflation in Europa anheizen könnte, weist der EZB-Chefökonom zurück. Die Rolle und der Auftrag der EZB habe sich nicht geändert, dass sie für Preisstabilität zu sorgen habe.