Finanzmärkte neu reguliert

Leerverkäufe in Deutschland verboten

Die Regulierung der Finanzmärkte wird weltweit diskutiert. Die Hedgefonds sollen stärker überwacht werden, eine europäische Finanztransaktionssteuer wird angedacht. Deutschland hat jetzt einen Vorstoß gemacht, besonders riskante Finanztransaktionen, sogenannte ungedeckte Leerverkäufe, sind ab sofort verboten.

An den Finanzmärkten kommt diese Nachricht nicht gut an, Experten halten die Maßnahme für sinnlos und populistisch.

Mittagsjournal, 19.05.2010

Pichler: Am Ziel vorbei geschossen

Gewisse Finanztransaktionen zu verbieten, wie Deutschland es seit heute tut, das bringt gar nichts, sagt Stefan Pichler, Professor für Finanzwirtschaft an der Wirtschaftsuniversität Wien. Man schieße hier am Ziel vorbei. Es gebe allerdings die symbolische Wirkung, dass man den Managern an den Finanzmärkten die gelbe Karte zeige.

Berlin verbietet Leerverkäufe

Die gelbe Karte sieht so aus: In Deutschland sind seit heute sogenannte ungedeckte Leerverkäufe verboten, dass heißt es wird Investoren schwerer gemacht auf fallende Kurse von Wertpapieren zu setzen um damit Profit zu machen. Das Verbot betrifft Aktien von deutschen Finanzinstituten, Staatsanleihen von Ländern im Euroraum und Kreditausfallsversicherungen auf Staatsanleihen.

Mit geliehenen Papieren wetten

Wie funktionieren diese Leerverkäufe? Bei normalen Leerverkäufen wetten Investoren auf fallende Kurse von Wertpapieren, sie besitzen diese Wertpapiere aber nicht, sondern leihen sie aus. Sie verkaufen die ausgeliehenen Wertpapiere, die Kurse fallen und wenn die Papiere billig sind, kaufen die Investoren diese Wertpapiere wieder ein. Ungedeckte Leerverkäufe sind spekulativer, da haben sich die Investoren die Wertpapiere nicht mal geliehen, das erhöht das Risiko.

Populismus

Indem man das verbietet, soll der Spekulation ein Riegel vorgeschoben werden, so die Logik der Politik. Blanker Populismus von den Medien kreiert, sagt der WU-Professor Pichler. Man könne die Transaktionen gar nicht effektiv verbieten, weil man die Fülle von hunderten Millionen nicht überprüfen kann, sagt Pichler.

Reisenberger: Griechenkrise liegt woanders

Zudem nütze das Verbot auch niemandem, argumentiert Alfred Reisenberger, Aktienanalyst bei der französischen Credit Agricole Gruppe in Wien, denn Leerverkäufe seien per se nichts schlechtes, sie würden im Gegenteil jedem Anleger nützen, der einen Fonds besitzt, da die Fondsmanager auch mit Leerverkäufen arbeiten.

Das Maximum rausholen mussten auch die Fondsmanager, die griechische Staatsanleihen in den letzten Wochen verkauft haben, sagt Reisenberger, die Anleihen wurden also im Sinne der Fondsbesitzer verkauft, weil das Risiko des Investments einfach zu groß geworden war. Die Griechenlandkrise sei aber nicht durch Leerverkäufe entstanden.

Schadet Finanzplatz Frankfurt

Leerverkäufe würden nur Trends verstärken aber nicht verursachen, sagt Reisenberger. Der deutsche Vorstoß schade also nur dem Finanzplatz Frankfurt, sagt Reisenberger, denn Investoren würden die Geschäfte dann einfach in einem anderen Land abwickeln.

In Österreich schon verboten

In Österreich sind solche Leerverkäufe bereits verboten. Auswirkungen auf den Finanzmarkt habe das Verbot aber nicht, sagt Reisenberger.

Alles in allem also ein vernichtendes Urteil der Experten. Auch Investoren sehen das so, die Börsenkurse fallen in Europa.