Kammersängerin und TV-Star

Anneliese Rothenberger gestorben

Die Kammersängerin Anneliese Rothenberger ist tot. Das teilte die Grafenfamilie Bernadotte, die eng mit der Künstlerin befreundet war, mit. Die Sopranistin sei am Montagabend im Kantonsspital Münsterlingen in der Schweiz im Alter von 83 Jahren nach kurzer Krankheit gestorben, teilte ein Sprecher mit.

Kulturjournal, 26.05.2010

Anneliese Rothenberger gehörte zu den erfolgreichsten deutschen Sängerinnen der Nachkriegszeit. Berühmt geworden ist die in Mannheim geborene Sopranistin vor allem als Mozart- und Richard-Strauss-Interpretin. Ihr besonderes Timbre und ihre Darstellungskunst machten sie zu einem begehrten Gast an den namhaften Opernhäusern der Welt. Einem Millionen-Publikum wurde die Sopranistin mit ihren Musiksendungen im Fernsehen bekannt.

Ihre Verehrer unter den Kritikern bezeichneten die zartgliedrige, blonde Sängerin einst als "Lady von damenhafter Schönheit, gewitzt, intelligent, geschäftstüchtig und begabt". Doch als "Lulu" in Alban Bergs gleichnamiger Oper konnte sie auch zum "Luder mit Engelsgesicht" werden, wie der Kritiker der "New York Times" einst schrieb, als die Sängerin mit dieser Titelpartie Triumphe an der "Met" (Metropolitan Opera in New York) feierte.

Internationale Karriere

Ihre Begabung zeigte sich schon früh, sodass sie in Mannheim an der Musikakademie Gesangsunterricht bekam. Nach ihrem Debüt am Stadttheater Koblenz wurde sie 1948 Ensemblemitglied der Hamburger Staatsoper, bis sie 1956 nach Düsseldorf wechselte und ein Jahr später nach Wien. 1952 war Rothenberger erstmals bei den Edinburgh-Festspielen zu Gast und legte damit den Grundstein für ihre internationale Karriere. Bald darauf folgte eine Einladung zu den Salzburger Festspielen, denen sie bis 1973 die Treue hielt; dafür wurde sie später mit der "Max-Reinhardt-Plakette" geehrt.

1960 gab sie ihr umjubeltes Debüt in New York als "Zdenka" in der Strauss-Oper "Arabella", 1961 ein Gastspiel an der Mailänder Scala. Lange Tourneen führen sie nach Südamerika (1952/53), in die USA und in die Sowjetunion (beide 1970). Ihr Repertoire umfasste aber auch Operettenpartien. Populär wurde sie ferner durch ihre Rollen in Musikfilmen. Bereits 1955 spielte sie in der englischen Verfilmung der "Fledermaus" von Johann Strauß mit.

Zweite Karriere im TV

Von 1970 an gelang ihr eine zweite Karriere im Fernsehen. Bei der älteren Generation ist sie mit Sendungen wie "Anneliese Rothenberger gibt sich die Ehre" und "Traumland Operette" unvergessen. Einige Kritiker rügten ihren Wechsel zur TV-Unterhaltung. "Ach, das waren ein paar Blaustrümpfe, die mir das übel nahmen, aber das war kleinkariert gedacht", entgegnete sie ihnen 2003 in einem Interview des Magazins "Stern". 1983 beendete sie ihre Opern-Karriere, 1989 gab sie ihren letzten Liederabend. Zu einem Comeback ließ sie sich nicht überreden. Lieber höre sie den Satz "Schade, man hört Sie gar nicht mehr" als "Die Alte singt immer noch", befand sie einmal.

Rothenberger ist mit vielen Preisen vom Bundesverdienstkreuz über "Bambis" bis zum "Echo Klassik" ausgezeichnet worden. Seit Jahren pflegte sie ihr Hobby, die Malerei. Öffentliche Auftritte beschränken sich auf Ausstellungen ihrer Blumenbilder in der näheren Umgebung, beispielsweise auf der Mainau. In der Künstlerszene schon fast Seltenheitswert hatte ihre 44 Jahre dauernde Ehe mit dem Journalisten Gerd W. Dieberitz, der auch ihr Manager war. Ihr Mann starb 1999 an Krebs.

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