Wegen Afghanistan-Äußerung

Deutscher Bundespräsident tritt zurück

Der deutsche Bundespräsident Horst Köhler hat in einem historisch einmaligen Schritt seinen Rücktritt erklärt. Hintergrund sind umstrittene Äußerungen des Staatsoberhaupts über den Bundeswehreinsatz in Afghanistan.

Abendjournal, 31.05.2010

Die Unterstellung, er habe einen grundgesetzwidrigen Einsatz der Bundeswehr zur Sicherung von Wirtschaftsinteressen befürwortet, entbehre jeder Rechtfertigung, sagte Köhler am Montag in Berlin. Das lasse den notwendigen Respekt vor dem höchsten Staatsamt vermissen.

Emotionale Erklärung

Köhler sagte, er habe Bundesratspräsident Jens Böhrnsen (SPD) über seinen Schritt informiert. Böhrnsen übernimmt vorübergehend die Amtsgeschäfte. Der Bundesrat ist die Länderkammer in Deutschland. Sein Präsident ist protokollarisch der zweite Mann im Staat.

Köhler sprach seine kurze Rücktrittserklärung in seinem Amtssitz Schloss Bellevue. An seiner Seite stand Ehefrau Eva Luise. Beim Verlesen der kurzen Erklärung standen dem Staatsoberhaupt Tränen in den Augen. Streckenweise versagte ihm die Stimme.

Heftige Reaktionen nach Wortmeldung

Köhler hatte Auslandseinsätze der Bundeswehr auch mit der Wahrung deutscher Wirtschaftsinteressen begründet und damit eine heftige Debatte ausgelöst. Später ließ er seine Äußerungen präzisieren. Ein Sprecher sagte in der vergangenen Woche, die Afghanistan-Mission sei nicht gemeint gewesen.

Merkel am Freitag keine Stellungnahme

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte am Freitag über eine Sprecherin deutlich gemacht, dass sie zu den Äußerungen Köhlers keine Stellung nehmen will. Im übrigen habe Köhler seine Äußerungen präzisieren lassen. "Und dem ist nichts hinzuzufügen."

Kanzlerin Merkel heute: "Ich bedauere den Rücktritt auf das Härteste."

"Hat sich von Regierung allein gelassen gefühlt", Peter Fritz, ORF-Korrespondent Berlin