Großteil der 682 Aktivisten abgeschoben

Israel hat es eilig

Zwei Tage nach dem Militäreinsatz gegen die internationale Gaza-Hilfsflotte hat Israel die meisten der mehr als 600 festgenommenen Ausländer abgeschoben. Der Großteil kam aus der Türkei, die bislang als einziger Freund Israels in der Region galt.

Mittagsjournal, 02.06.2010

Verletzte dürfen bleiben

Offenbar sollen noch schlimmere diplomatische Folgeschäden vermieden werden. Die Israelis haben es jetzt jedenfalls sehr eilig, die Aktivisten von der sogenannten „Freiheitsflotte“ loszuwerden. Ursprünglich waren es 682 Menschen aus mehr als 30 verschiedenen Ländern gewesen. Vielleicht schon heute Abend sollen alle außer Landes sein, ausgenommen jene, die verletzt in Spitälern liegen.

Busse für Araber und Muslime

Am späten Vormittag waren nur noch etwa 180 der Ausländer in einem Gefängnis in Südisrael, rund 325 waren schon am internationalen Flughafen bei Tel Aviv. Zum Großteil sind es Türken, sie sollen mit drei türkischen Flugzeugen heimgeflogen werden. In der Früh waren 124 Angehörige arabischer und muslimischer Staaten in Bussen nach Jordanien abgeschoben worden, unter ihnen Bürger von Marokko, Kuwait, Pakistan und Syrien. Schon seit gestern waren nach und nach Aktivisten abgeflogen, die sich zur freiwilligen Ausreise bereiterklärt hatten, darunter Deutsche und Schweden.

Hilfsgüter per Lastwagen nach Gaza

Anders als ursprünglich angekündigt verzichtet Israel darauf, jene Aktivisten vor Gericht zu stellen, denen Gewaltakte vorgeworfen werden. Zugleich vermuten die Israelis, dass rund 50 der Passagiere in Verbindung mit islamistischen Terrorgruppen stehen. Diese Passagiere hätten keine Ausweispapiere mitgeführt, einige von ihnen hätten hohe Geldbeträge in bar bei sich gehabt.

Auch die Hilfsgüter, die auf den sechs Schiffen mitgeführt wurden, werden von den Israelis wie heiße Kartoffeln behandelt. Mit dutzenden Lastwagen werden die Güter seit gestern nach und nach durch einen Warenübergang in den Gaza-Streifen transportiert, Baumaterial wird allerdings nicht durchgelassen.

Seeschlacht zwischen Israel und Türkei?

Das völlig ramponierte Verhältnis zwischen Israel und der Türkei wird dadurch aber nicht wieder hergestellt werden. Die Gemüter sind derart erhitzt, das Israelis empfohlen wird, nicht in die Türkei zu fahren. Die Familien israelischer Diplomaten werden zu ihrer Sicherheit nach Hause geschickt. Manche denken schon schaudernd darüber nach, ob man nicht in eine schlimmere Eskalation hineinschlittern könnte. Was wäre etwa, wenn weitere Schiffe versuchen, die Blockade des Gaza-Streifens zu durchbrechen, und die Türkei sich entschließt, eine solche Expedition mit Kriegsschiffen zu begleiten. Würde es zu einer Seeschlacht zwischen Israel und der Türkei kommen?

Irisches Schiff am Weg

Das Problem der Seeblockade könnte schon bald wieder akut werden weil ein von Irland ausgelaufenes Schiff, die „MV Rachel Corrie“, vielleicht noch diese Woche versuchen wird, den Hafen von Gaza zu erreichen. Die irische Regierung hat Israel schon gewarnt: falls irischen Staatsbürgern etwas passieren würde, dann würde das schlimme Folgen haben.

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