Finanzierung liegt bei Eltern

Kindesentführungen: Kein Fonds

Wenn Kinder im Zuge von Obsorgestreitigkeiten ins Ausland entführt werden, ist es oft schwierig und langwierig, sie zurückzuholen. Expertinnen fordern einen Fonds, der Eltern bei der Suche nach ihrem Kind finanziell unterstützt. Das Justizministerium, die zentrale Stelle in Österreich, gibt diesen Forderungen geringe Chancen.

Mittagsjournal, 02.06.2010

Chance für Fonds „gegen Null“

In dieser Budgetsituation ist die Einrichtung eines Fonds schwer möglich, sagt Robert Fucik, Abteilungsleiter im Justizministerium. Er habe zwar Verständnis für Eltern, die zum Beispiel ihren Beruf aufgeben müssen, um ihr Kind zurückzuholen, aber: „Das einzige, was ich nicht nachvollziehen kann, ist, das die Justiz hier zuständig sein könnte“, sagt Fucik. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Justiz zusätzliche Mittel für solche Zwecke bekomme, sei gegen Null.

Leben im fremden Land

Wenn ein Kind von einem Elternteil in ein anderes Land entführt wird, solange nicht über die Obsorge entschieden ist, sieht das Haager Übereinkommen vor, dass das Kind in das Land zurückgebracht werden muss, in dem es gelebt hat. Diese Verfahren dauern mitunter Monate und Jahre, der zurückgebliebene Elternteil reist dann dem Kind nach, um eine Entfremdung zu verhindern. Viele Mütter und Väter müssen ihren Beruf aufgeben und in einem fremden Land leben, bis es eine Entscheidung gibt.

Beispiel: Türkei

Andrea Brem von den Wiener Frauenhäusern betreut derzeit eine Österreicherin, deren Ex-Mann das gemeinsame Kind in die Türkei entführt hat. „Die Frau lebt weiterhin in der Türkei, wird mittlerweile von der dortigen Anwältin mit Lebensmitteln unterstützt, weil sie kein Geld mehr hat. Es sind sämtliche Finanzreserven aufgebraucht“, schildert Brem. Es waren Prozesskosten in Österreich und der Türkei zu tragen, ebenso für Sicherheitsmaßnahmen, Flüge und Aufenthalt. Kosten fielen auch für Übersetzungen und für die Beglaubigungen dieser Übersetzungen und anderer Dokumente an, so Brem.

Monatelange Verfahren

Die Verfahren dauern zu lange, kritisiert Andrea Brem. Auch deshalb, weil viele Behörden involviert sind,im Herkunfts- als auch im Entführungsstaat: „In Österreich über die Obsorge entschieden. Das Problem war, es sehr lange dauert, bis die endgültige Entscheidung in der Türke gefallen ist.“ Mittlerweile seien auch vom Höchstgericht Entscheidungen getroffen worden. Bis diese bestätigt sind, werden aber wieder drei Monate vergehen, sagt Brem.

Zentrale Stelle nicht sinnvoll

Zumindest in Österreich soll es deshalb eine zentrale Anlaufstelle für Eltern geben, so die Forderung. Robert Fucik aus dem Justizministerium bezweifelt, dass das die Verfahren beschleunigt. Derzeit seien in Österreich die Bezirksgerichte die erste Adresse für Eltern, das sei auch sinnvoll. „Mehr Information, mehr Vernetzung ist sicher wichtig, daran arbeitet das Bundesministerium auch ununterbrochen. Aber zu sagen: wir lassen die Gerichte vor Ort aus dem Spiel und jeder soll sich nach Wien wenden wenn er etwas haben möchte, wird langfristig nicht zur Vereinfachung beitragen. Es wird den Leuten nur mehr Wege und mehr komplizierte Schritte auferlegen“, erklärt Fucik. Es gebe zwar Verfahren, die lange dauern, wenn die Eltern alle Rechtsmittel ergreifen, es gebe aber auch viele, die schnell entschieden sind, sagt der Abteilungsleiter im Justizministerium.