Rauschende Party für den Fußball
Begeisterung ändert nichts an Armut
In Südafrika ist die Begeisterung für den Fußball überall spürbar. Das Eröffnungskonzert war eine rauschende Party für den Fußball. Botschaften allein verändern das Leben in Südafrika aber nicht. Dort lebt noch etwa die Hälfte der Menschen in Armut.
8. April 2017, 21:58
"Party bis zum Morgen"
Südafrika-Korrespondent Frank Räther im Gespräch mit Hubert Arnim-Ellissen
Begeisterung überdeckt Probleme
Die Organisatoren der Fußball-WM sind stolz darauf, was Südafrika zustande bringt. Aber was bringt der Fußball zustande für die Menschen in Südafrika? "Eine große Freude", sagt Korrespondent Frank Räther. Außerdem in verschiedenen Bereichen eine bessere Infrastruktur. Etwa im Verkehr: Straßen wurden gebaut und erweitert, Buslinien aufgebaut und erstmals gibt es ein Schnellbussystem. Man darf aber nicht vergessen: "Das Land hat 50 Millionen Einwohner, davon lebt noch immer die Hälfte in Armut. Für diese ist, am Rande des Fußballs, nichts geschehen. Man hat sich voll auf den Fußball konzentriert", schildert Räther.
"Es ist hier, du kannst es fühlen"
Südafrika hat zwar die Apartheid abgeschafft, die scharfe Trennung zwischen Elend und Establishment aber nicht überwunden. Das Konzert gestern hat es deutlich gezeigt: Das Nobelevent neben den Townships von Soweto, das bis heute zu den Ärmsten Vierteln in Johannesburg zählt. Bis vor kurzem konnte man nichts von der Begeisterung richtig fühlen, die Leute haben die WM sehr gelassen genommen. Für die meisten war es eine eher theoretische Sache, man schimpfte darüber, dass die Straßen noch immer gebaut werden und ähnliches. Dabei gebe es schon seit Wochen oder Monaten die Losung: "Es ist hier, du kannst es fühlen."
Begeisterung kocht über
Doch seit vier Tagen sei alles anders, sagt Räther: "Seit Anfang dieser Woche ist hier eine Dynamik eingetreten, die verblüffend ist. Die Begeisterung ist regelrecht hochgekocht, übergekocht, in diesem Land. Das war schon am Mittwoch zu sehen, als sich 10.000 Menschen versammelten und mit ihren Plastik-Tröten und sogar durch die das Nobel-Einkaufszentrum zogen. Es war eine Stimmung sondergleichen! Das Gleiche dann am nächsten Tag in Kapstadt, auf der Grand Parade. Auch wenn es dort zu einem Zwischenfall kam, weil Leute versuchten, die Absperrungen zu durchbrechen."
Schwarze und Weiße feiern gemeinsam
Donnerstagabend war das Eröffnungskonzert im Orlando-Stadion, das am Rande von Soweto steht. Jenem Township, das schon in der Zeit der Apartheid bis heute zu den ärmsten Vierteln in Johannesburg zählt. Aber auch dieses Konzert haben viele Menschen als Anlass zum Feiern genommen, selbst wenn sie nicht live dabei waren. "Sie haben bis heute Morgen weiter gefeiert! Südafrika als Ganzes, Schwarze und Weiße (die Weißen hatten sich für Fußball bisher wenig interessiert) erwarten begeistert den Beginn der Fußball-Weltmeisterschaft", erzählt Südafrika-Korrespondent Räther.
"Wer unaufmerksam ist, wird ausgeraubt"
Die Staatsgewalt sei aber überall sichtbar. Denn: die Politik kann punkten, wenn die Spiele zu einem Fest werden und alles ruhig bleibt. Die Kriminalitätsraten in Südafrika sind aber sehr hoch. "Vor den Hotels, vor den Stadien, wenn die Spieler ankommen auf den Flughäfen. Überall steht Polizei mit Maschinengewehren im Anschlag", beschreibt Räther die Sicherheitsmaßnahmen. Wer sich aber aus den Menschentrauben, die unterwegs sind, löse oder unaufmerksam sei, würde ausgeraubt.
Morgenjournal, 11.06.2010
Bischof Tutu auf Eröffnungskonzert
Zum ersten Mal in der 100jährigen Geschichte des Weltfußball-Verbandes FIFA hat es eine rauschende, musikalische Party im Gastgeberland gegeben. Stars aus Afrika und internationale Musikgrößen bestritten das Programm des Eröffnungskonzertes am Donnerstag Abend in Johannesburg. Popstar Shakira sang die offizielle WM-Hymne im ausverkauften Orlando-Stadion vor 40.000 Menschen. Begeisterung gab es auch für eine Ikone der Anti-Apartheid-Bewegung: Erzbischof Desmond Tutu. Der Erlös des Konzertes kommt einer FIFA-Aktion zugute, die hunderttausenden Kindern neben Fußball auch Schulbildung ermöglicht.