Untersuchungsbericht: Getötete waren unschuldig

Bloody Sunday in Nordirland

Großbritannien wird noch einmal mit der dunklen Geschichte des Nordirland Konflikts konfrontiert. Die Regierung in London präsentiert den lange erwarteten Untersuchungsbericht zum sogenannten Bloody Sunday.

Mittagsjournal 15.06.2010

Friedlicher Marsch endete in Blutbad

Tausende Menschen marschieren am 30. Jänner 1972 durch die Stadt Derry, sie demonstrieren für mehr Bürgerrechte für die unterdrückten Katholiken in Nordirland. Der friedliche Marsch verwandelt sich in ein Blutbad als britische Fallschirmjäger in die Menge feuern. 14 Menschen sterben, darunter mehrere Jugendliche. Das Bild eines Pfarrers, der ein blutverschmiertes Taschentuch schwingt um Verletzte in Sicherheit zu bringen, geht um die Welt.

Eskalation des Nordirland Konflikts

An diesem Sonntag stirbt die Hoffnung auf eine friedliche Beilegung des Konflikts, die irische Untergrundbewegung IRA bekommt mehr Unterstützung denn je, der Konflikt zwischen Katholiken und Protestanten eskaliert. Seit 38 Jahren stellen sich die Menschen in Nordirland die gleiche Frage: Wie kam es zum Bloody Sunday.

Hohe Erwartungen an Untersuchungsbericht

Heute gibt Lord Saville im lange verzögerten Untersuchungsbericht Antworten und Empfehlungen. Martin McGuinness war damals ein führendes IRA Mitglied in Derry, er ist heute der stellvertretende Regierungschef in Nordirland. McGuinness hat hohe Erwartungen. "Wir verlangen von Saville eine Klarstellung dass jene, die an diesem Tag ermordet und verletzt wurden, unschuldige Menschen waren." Genau das bestreitet die britische Armee bis heute. Sie behauptet die die Fallschirmjäger hätten erst das Feuer eröffnet, nachdem auf sie geschossen wurde. Warum fünf Opfer von hinten erschossen wurden, kann sie aber bis heute nicht erklären.

"Beschämender Tag für die britische Armee"

Max Hastings, Journalist und Militärhistoriker war an diesem Sonntag in Derry: "Das war ein beschämender Tag für die britische Armee, ich habe mit den Fallschirmjägern gesprochen bevor sie entlang der Marschroute Stellung bezogen, die Schießerei selbst habe ich nicht gesehen. Die Fallschirmjäger sind exzellent trainierte Soldaten für gefährliche Einsätze, aber wenn es um friedliche Missionen geht sind sie nicht die richtigen Leute. Ich hatte den Eindruck an diesem Tag sind Soldaten in Kampfausrüstung mit dem Finger am Abzug zu einer friedlichen Mission geschickt worden."

Soldaten freigesprochen

In einer Untersuchung unmittelbar nach den Ereignissen wurden alle beschuldigten Soldaten von den Vorwürfen freigesprochen. Ihr Verhalten wurde als an der Grenze zur Rücksichtslosigkeit beschrieben, es kam zu keinem Gerichtsverfahren.
Die Angehörigen der Opfer hoffen nun 38 Jahre später dass dieser der Saville Bericht die Grundlage für Strafverfahren liefert. Ian Paisley Junior von der pro britischen Democratic Unionist Party hingegen hält den 230 Millionen Euro teuren Bericht für reine Geldverschwendung: "Das war ein großer Fehler, es wird nichts ans Licht kommen, was wir nicht ohnehin schon wissen."

Bericht: Getötete waren unschuldig

Bettina Madlener
Abendjournal, 15.06.2010

Soldaten haben gelogen

Die Bloody Sunday Opfer waren keine IRA Terroristen sondern unbewaffnete unschuldige Zivilisten, die für mehr Bürgerrechte demonstrierten. Die Soldaten hatten in ihren Aussagen nach dem Blutbad bewusst gelogen. Das sind die Ergebnisse des lange verzögerte Untersuchungsberichtes.

Cameron entschuldigt sich bei Angehörigen

Der britische Premierminister David Cameron entschuldigte sich vor dem Rathaus in Derry, stellvertretend für die Regierung, bei den Angehörigen. Unter dem Jubel tausender Menschen zitiert Cameron aus dem Bericht: Das Vorgehen der Armee sei unverantwortlich und falsch gewesen.

Nordirland prüft Anklage

230 Millionen Euro hat die Untersuchung verschlungen, viele kritisieren sie komme zu spät. Die nordirische Anklagebehörde prüft nun ob es möglich wäre, die Beschuldigen strafrechtlich zu verfolgen. Ein Verfahren wäre allerdings nach so langer Zeit schwierig, meinen Experten. Auch die Familien der Opfer sagten, sie seien mit der Entschuldigung der Regierung zufrieden.