Härteste Einschnitte seit Thatcher

GB: Milliarden-Sparplan gegen Defizit

Großbritannien schnürt das härteste Sparpaket seit Generationen. Der neue konservative Schatzkanzler George Osborne hat ein Notbudget präsentiert, es gibt die Marschrichtung für die Budgetsanierung vor.

Alle Briten müssen ihren Beitrag leisten, sagt der Schatzkanzler, die Reichen würden aber mehr zahlen als die Armen. Großbritannien ächzt derzeit unter einem Defizit von 186 Milliarden Euro, das sind rund zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts.

Abendjournal, 22.06.2010

"Über die Verhältnisse gelebt"

Die britische Regierung geht mit Steuererhöhungen und dem härtesten Sparpaket seit Jahrzehnten gegen den gigantischen Schuldenberg des Landes vor. Vorgesehen sind laut Finanzminister George Osborne Einsparungen in der Höhe von 17 Milliarden Pfund (20,4 Mrd. Euro) bis zum Budgetjahr 2014/2015. Die Beamtengehälter sollen demnach für zwei Jahre eingefroren werden, vorgesehen sind auch eine Bankenabgabe und eine höhere Mehrwertsteuer.

"Dieses Land hat über seine Verhältnisse gelebt, als die Rezession kam", sagte Osborne vor dem britischen Parlament. Ohne die Sparmaßnahmen drohe der Verlust von noch mehr Arbeitsplätzen. "Wir werden die Geringverdiener jedoch schonen", fügte Osborne hinzu. Die Gehälter für Angestellte im öffentlichen Sektor sollen demnach jedoch für eine Dauer von zwei Jahren eingefroren werden.

Ziel: Ausgeglichenes Budget

Ab dem kommenden Jahr soll zudem eine Bankenabgabe gelten. Die britische Regierung erhofft sich davon Einnahmen in der Höhe von rund zwei Milliarden Pfund pro Jahr. Die Mehrwertsteuer soll im Jänner 2011 von derzeit 17,5 auf 20 Prozent steigen, was dem Staat jährlich zusätzliche 13 Milliarden Pfund bringen soll.

Innerhalb der kommenden fünf Jahre will die Regierung ein nahezu ausgeglichenes Staatsbudget erreichen. Er hoffe, dass das Budgetdefizit von 10,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in dem im April angebrochenen Steuerjahr 2010/2011 bis zum Budgetjahr 2015/2016 auf 1,1 Prozent sinken werde, sagte Osborne in London. Der EU-Stabilitätspakt sieht eine Höchstgrenze von drei Prozent des BIP vor. Damit setzte sich die aus Konservativen und Liberaldemokraten bestehende Koalition zum Ziel, noch innerhalb ihrer Legislaturperiode das Budgetdefizit zu überwinden.

Test für neue Koalition

Die Prognose für das Wachstum der britischen Wirtschaft für das kommende Jahr korrigierte Osborne von 2,6 auf 2,3 Prozent hinunter. Im Jahr 2010 werde das Wirtschaftswachstum bei 1,3 Prozent liegen, sagte Osborne voraus.

Die Reduktion des Defizits gilt als erster großer Test für die Koalitionsregierung aus Konservativen und Liberaldemokraten. Rating-Agenturen hatten bereits gewarnt, die britische Bestnote für die Bonität könne in Gefahr geraten, falls die Regierung das riesige Loch im Budget nicht stopfen kann. Viele Volkswirte sowie die USA befürchten jedoch, dass ein harter Sparkurs Großbritannien zurück in die Rezession stürzen könnte.

Bei der Vorstellung des Regierungsprogramms Ende Mai hatte die Koalition bereits Streichungen in der Höhe von 6,2 Milliarden Pfund Sterling angekündigt. Das Regierungsbündnis ist seit Mitte Mai im Amt. Cameron ist mit 43 Jahren der jüngste britische Premier seit rund 200 Jahren. Sein Stellvertreter ist der Vorsitzende der Liberaldemokraten, Nick Clegg.