Mitbegründer der "Nouvelle Vague"
Claude Chabrol ist 80
Claude Chabrol wurde am Donnerstag, 24. Juni 2010, 80 Jahre alt. Der französische Regisseur und Mitbegründer der "Nouvelle Vague" hat über 50 Spielfilme gedreht, dazu zahlreiche Fernsehfilme und ist nach wie vor aktiv, ja die die ihn kennen, nennen ihn einen Workaholic.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjorunal, 24.06.2010
Claude Chabrol stammt aus einer bürgerlichen Familie in der französischen Provinz, in Sardent waren seine Eltern Apotheker - vielleicht ist er deshalb ein so feinsinniger und bissiger Kritiker der französischen Provinzbourgeoisie - eine Gesellschaftsschicht, die sich selbst Klasse nennt und deren Scheinheiligkeit und doppelte Moral er immer wieder anprangert. Meist geht es dabei um Mord und Totschlag.
"Wenn man in eineinhalb Stunden starke Beispiele von Leidenschaft zeigen will, ist es für mich unvermeidlich, dass man bis zum Mord gehen muss. Ich versuche, Feinheiten anhand von Grobem zu zeigen. Ich verfeinere lieber etwas Grobes als umgekehrt", so Chabrol.
Start als Kritiker
Zum Film ist Chabrol in den 1950er Jahren gekommen, zuerst als Kritiker der legendären Filmzeitschrift "Cahiers du cinéma", neben späteren Größen des Kinos wie Truffaut, Godard oder Rivette. 1957 schreibt er mit Eric Rohmer ein Buch über Alfred Hitchcock, und zwei Jahre später dreht er seinen ersten Film "Le beau Serge" ("Die Enttäuschten"), eine Art Manifest der Nouvelle Vague, die das Kino der 1960er Jahre bestimmen sollte. Das Autorenkino war en vogue, und man arbeitete meist bei natürlichem Licht, im Freien.
Warum er Filme machen wollte, erklärt Chabrol folgendermaßen: "Meine Idee war, etwas vom Wesen des Menschen zu verstehen. Am Anfang habe ich viel mit den verschiedenen Gesellschaftsschichten gearbeitet, mit den unterschiedlichen Charakteren, auch den physischen Unterschieden der Menschen. Ich habe natürlich auch gewusst, dass ich das nicht alles in einem einzigen Film ausdrücken würde können und ich viele Filme machen würde. Natürlich sind da einige dabei, dich ich vielleicht nicht hätte machen sollen."
Lebenslust
Sein bisher letzter Kinofilm war "Kommissar Bellamy" mit Gérard Depardieu in der Hauptrolle - die erste Zusammenarbeit der beiden, die sich in vielem ähnlich sind, vor allem in ihrer Lebenslust. So soll Claude Chabrol ja seine Drehorte unter anderem nach der Qualität der dort vorhandenen Restaurants aussuchen, und auch Depardieu ist ja bekanntlich kein Kostverächter.
Wenn wir nicht gerade geblödelt haben, haben wir gegessen, sagte Depardieu zu den Dreharbeiten. Und der massive Schauspieler schätzt Chabrol als Regisseur ungemein: "Das ist vor allem, dass er weiß, was er macht und zwar ganz genau. Es gibt ja so viele Regisseure, die unsicher sind und die Schauspieler benutzen. Und das ist wirklich beschissen, wenn man in der Früh zum Dreh kommt und weiß, dass der andere nichts weiß. Da wird dann endlos herum probiert. Bei Chabrol ist es wirklich wundervoll, denn er lässt so etwas wie kleine Steinchen in den Einstellungen. Es ist wie ein Orientierungslauf. Und er ist verfügbar. Da weiß man gleich, wo man seinen Platz hat."
Arbeiten für das Fernsehen
Auch für das Fernsehen hat Chabrol immer wieder gearbeitet, erst vor kurzem hat er zwei Episoden der Reihe "Chez Maupassant" gedreht.
Für ihn ist die Arbeit für das Fernsehen wie Fingerübungen von Pianisten vor einem großen Konzert. Trotz seiner 80 Jahre zeigt Claude Chabrol noch keinerlei Anzeichen von Müdigkeit, er hat immer noch Spaß an seiner Arbeit: "Eigentlich habe ich jetzt mehr Spaß als früher. Bis vor etwa zehn Jahren hatte ich immer eine gewisse Angst auf dem Weg zum Drehort, und diese Angst ist jetzt vollkommen verschwunden. Für mich ist es nur mehr das Vergnügen, meine Freunde, die Schauspieler oder Techniker wieder zu treffen, und wir versuchen die Dinge möglichst gut und angenehm zu gestalten. Es ist pure Freude!"