Von Basquiat bis Séripop

Street and Studio

Der Maler und Graffiti-Künstler Jean-Michel Basquiat war mit Andy Warhol und Keith Harring befreundet und starb mit 27 Jahren. Bis heute sind seine Werke Inspiration für junge Künstler. Sehen kann man sie jetzt in der Kunsthalle Wien.

Kulturjournal, 24.06.2010

"Street and Studio" heißt die große Sommerausstellung in der Kunsthalle Wien, die den rauen Stil der Straßenkunst von den 1980er Jahren bis heute unter die Lupe nimmt. Im Zentrum der Schau, die den Untertitel "von Basquiat bis Séripop" trägt, steht der US-Amerikanische Maler Jean-Michel Basquiat, der heuer 50 Jahre alt geworden wäre.

Schon im Stiegenhaus werden die Besucher von Blondie in die richtige Stimmung gebracht. Dann zeigt im ersten Raum ein Film über Basquiat, worum es bei den Strategien der Straße geht: um die Schnelligkeit mit der Spraydose, um das akrobatische Klettern auf schwer erreichbare Hausmauern und das unauffällige Weitergehen mit scheinheiliger Miene. Nach vollbrachter Tat.

Die knackigen politischen Sprüche, die bunt von den Wänden leuchten, werden von der Gesellschaft kaum honoriert. Wie ein Dokumentarfilm des damals 17jährigen Brad Downey aus den 1990er Jahren zeigt, wurde einer seiner Graffity Freunde damals in New York für zwei Jahr ins Gefängnis geschickt.

Die Eroberung des öffentlichen Raums

Sehr markant ist Brad Downey in der Schau der Kunsthalle mit einer alten Telefonzelle vertreten, die vor dem Eingang im Freien steht. Er findet es lustig, da eine öffentliche Telefonzelle hinzustellen. Wenn allerdings jemand hineingehen will, dann ist das nicht möglich, denn sie ist bis zum Dach mit Zement gefüllt.

Gleich neben der Telefonzelle kotzt eine junge Frau mit blonden langen Haaren an die Mauer. Bei genauerer Betrachtung entpuppt sie sich als Skulptur von Mark Jenkins, der 1970 in Virginia geboren wurde. Auch wenn solche Installationen eine neue Form der jungen Künstler sind, den öffentlichen Raum zu erobern, der Grundstein dafür wurde in den späten 1970er mit der Street Art gelegt.

Die Vergänglichkeit der Stadt

Auch das Künstlerduo Séripop aus Kanada arbeitet mit Installationen, genauer gesagt drei Meter hohen Architekturen, die aus Musikplakaten gefaltet sind. Eigentlich begonnen haben sie mit der Gestaltung von Plakaten für Musikauftritte ihrer eigenen Band Aids Wolf

Später sind sie dazu über gegangen, die Poster zu falten und zu Installationen aufzutürmen und diese etwa an einem Ufer des Chicago Rivers den Naturgewalten zu überlassen. Wenn Regen, Sonne und Tiere an den Postern nagten, war das genau das Richtige. Die Künstler fanden das interessant, weil der ephemere Charakter der Poster zeigte, wie vergänglich die Stadt als Ganzes ist.

Für Chloé von Seripop ist das ein Sinnbild für ihre Heimatstadt Montreal, die von Korruption geplagt wird, was sich dadurch zeigt, dass immer wieder Gebäude sinnlos errichtet und abgerissen werden.

Immer noch eine Inspirationsquelle

Auch wenn die junge Kunst auf der Straße heute ganz anders aussieht als in den 1980er Jahren, man kann die "alten Meister" wie Basquiat noch immer als Inspirationsquelle benützen, sagt Yannick von Seripop. Er respektiert seine Vorväter irgendwie, auch wenn sie - wie Basquiat schon tot waren, als er ein kleines Kind war. Gleichzeitig will er sich aber auch darüber lustig machen.

Sehr nach den 1980er Jahren sieht das noch bei Shaun Gladwell aus, der 1972 in Sidney geboren wurde und das Sprayen per Video zu einer Performance gestaltet: er hat sich mit seinen Spraydosen im Winter im verschneiten Gras eines Parks niedergelassen und sprayt dort im Stile der alten Meister Planeten auf Kartons, so schnell, dass das Publikum im Vorübergehen das Entstehen des Gemäldes beobachten kann.

Weiterentwicklung

Direkt zurück in diese Urzeit der Street Art geht es mit Ari Macopoulos, einem 1957 geborenen Niederländer, der per Video ein illegales Autorennen von Jugendlichen in der Stadt aufgezeichnet hat.

Von den neueren Arbeiten beeindrucken vor allem die von dem Schweizer Ingo Giezendanner, der unter dem Pseudonym Grrr! Arbeitet oder die von dem Österreicher Christian Eisenberger, der Passanten auf der Straße Gedichte lesen ließ.

Diese Arbeiten zeigen, mit wie viel Drive die jungen Künstler den Ansatz eines Basquiat ausgeweitet haben, der da sagte "Die Straßen schauen aus wie Kunstwerke. Ich will die Stadt rot malen. Ich will die Stadt schwarz malen."

Service

Ausstellung "Street & Studio", 25. Juni - 10. Oktober 2010, Kunsthalle Wien,
Ö1 Club-Mitglieder bekommen ermäßigten Eintritt (zehn Prozent).

Kunsthalle Wien