Domingo noch einmal als "Parsifal"
Holenders letzter Abschied
Seit Wochen hat Ioan Holender Abschied von seinem Amt als Wiener Staatsoperndirektor gefeiert bzw. sich feiern lassen. Am 30. Juni 2010 gab es nun den endgültigen Abschied, und zwar mit Richard Wagners "Parsifal".
8. April 2017, 21:58
Kultur Aktuell, 01.07.2010
Am Pult des Wiener Staatsopernorchesters stand mit Franz Welser Möst der kommende Generalmusikdirektor des Hauses. Zu hören waren unter anderen Waltraud Meier, Stephen Gould, Thomas Hampson, Mattis Salminen und - keine ganz echte Überraschung, weil schon im Vorfeld angekündigt - Placido Domingo sang die letzten Takte von "Parsifal".
Ein paar Takte Domingo
Mit "Parsifal" hat's am 1. September vor 19 Jahren begonnen, mit "Parsifal" ging's gestern zu Ende, die Ära Holender an der Wiener Staatsoper. Mit von der Partie waren noch zwei Sänger des Einstiegs: Waltraud Meier als Kundry und Placido Domingo, der eigens angeflogen kam, um die letzten Takte des "Parsifal" - "Nur eine Waffe taugt" - zu singen.
Domingo kam, sang und siegte - wie nicht anders zu erwarten war. Das Publikum hatte sich Gott sei Dank einen Auftrittsapplaus verkniffen und somit die hehre Schlussstimmung des Werks nicht zerstört. Denn die Idee war ja ein bissl eigentümlich und nicht gerade im Sinne jenes Sängers gewesen, der die fünf Stunden zuvor bestritten hat, aber Domingo, Gentleman vom Scheitel bis zur Sohle, stielt bekanntlich keinem Kollegen die Show, kam nur mit dem gesamten Ensemble zum Applaus und widerstand allen Versuchen Dritter, ihn zum Solovorhang zu bewegen. Nobel fürwahr.
Der Held des Abends
Stephen Gould war der Held des vorangegangenen Abends. Er gab mit Bravour die Titelpartie und sang an der Seite einer berückenden Waltraud Meier, an der die 19 Jahre spurlos vorübergegangen zu seien scheinen.
Matti Salminen ist ohnehin in aller Welt Lokalmatador und auch das Wiener Publikum applaudierte am Ende (auch ein bissl für eine große Vergangenheit mit), Thomas Hampson spielte berührend, sang die meisten Höhen bombig, was man von der Mittellage nicht behaupten kann, was der Begeisterung aber keinerlei Abbruch tat. Am Ende ging er kurz und Publikumswirksam in die Knie und streichelte den Bühnenboden und dabei vergaß man fast, dass ja er es ist, der nicht mehr in Wien auftreten will.
Der Mann des Abends
Franz Welser-Möst war wahrscheinlich der Mann des Abends - das fand auch das Publikum, das bei ihm noch ein wenig lauter bravo rief und trampelte, als bei allen anderen.
Kurzum: Es wurde gefeiert was das Zeug hält. Am Ende kamen sie alle auf die Bühne: Künstler, Orchester, fast die ganze Belegschaft des Hauses, Ministerin Schmid sprach ein paar würdige Worte, Ioan Holender übergab den goldenen Schlüssel des Hauses an Georg Springer, gedachte Eberhard Wächters, mit dem er ja begonnen hatte, vergaß Seiji Ozawa, der ob seiner Krebserkrankung nicht mit dabei sein konnte, machte ein paar humorvoll gemeinte Bemerkungen über eine Botschaft des designierten Direktors, der seinerseits in Paris Abschied feierte, gab sich sonst aber sympathisch.
Das war's. 19 Jahre Ioan Holender an der Wiener Staatsoper gingen zu Ende und das Publikum wartet schon gespannt auf die kommende Saison, zu deren Auftakt es einen Tag der Offenen Tür am 4. September 2010 gibt.