Schluss mit Rekordhascherei

Moral ist im Sport nicht leistbar

Eine provokante These zum Leistungssport legt der Wiener Philosoph und Sportwissenschaftler Michael Jahn in seinem neuen Buch "Verdammt zum Siegen?!" vor. Die ständig eingeforderte Moral im Leistungssport sei verzichtbar, meint er.

Man sollte stattdessen auf Rekordhascherei verzichten. Überaus aktuelle, nicht nur wegen der Fußball-WM, sondern auch im Vorfeld der morgen beginnenden Tour de France.

Hans-Michael Holczer, der Trainer der 2008 aufgeflogenen gedopten Skandalradler Bernhard Kohl und Stefan Schumacher, meinte kürzlich in einem Interview, er halte einen dopingfreien Radsport kaum für möglich. Wasser auf die Mühlen des Sportphilosophen Michael Jahn.

Moral im Sport - eine Illusion

Idealismus, Fairness bis hin zur Ritterlichkeit. Die Welt sportlicher Moral ist freundlich und gut - aber eine Illusion, sagt Michael Jahn, Philosoph, Sportwissenschaftler und Direktor des Wiener Gymnasiums Hegelgasse.

"Moral im Sport ist etwas, dass meiner Meinung nach, sich beim derzeitigen Stand, niemand leistet oder leisten kann. Aus dem einfachen Grund, weil im Hochleistungssport zu viel Geld dahinter steckt. Und in dem Moment wo Geld in so einer Form, man denke nur an die Weltmeisterschaft, welche Summen da transportiert werden, dass bei so einer hohen Geldquote die Moral auf der Strecke bleibt."

Da also die großen Geldbeweger im Leistungssport ohnehin keine lautere Moral kennen ist es sinnlos, sie als Doppelmoral von den Sportlern einzufordern.

Regeländerungen könnten die Wende bringen

Jahn ist kein Phantast, aber er meint trotzdem, dass der Ausweg aus der Spirale einer von Millionensummen und Doping aller Art durchtränkten Sporthölle der Verzicht auf Rekorde wäre.

"Es wäre vielleicht mögliche, wie es man bei manchen Sportarten gemacht hat, dass man das Regelwerk so ändert, das man auf dieser Schiene der Rekordhascherei nicht mehr weitertut, sondern einen Neustart beginnt."

Anderseits : Leistungssport ohne Rekorde? Geht denn das? "Ich glaube nicht, dass das dem Sportwesen fremd ist. Ich glaube im Gegenteil, Sport ist ja von seiner Wortbedeutung her etwas das mit Vergnügen, sich zerstreuen zu tun hatte. Die Herleitung über das lateinische Wort Disportare, damit wurde impliziert das Sport fair sein muss und das ist es im Hochleistungssegment leider kaum mehr.

Service

Buch, Michael Jahn, "Verdammt zum Siegen?! Was ist Sport wert. Sportethische Gedanken", Hollinek Purkersdorf