Höchststrafe für Videla?

Argentinien: Prozess gegen Ex-Diktator

Nach 24 Jahren steht der frühere Militärdiktator Jorge Rafael Videla wegen Menschenrechtsverletzungen wieder vor Gericht. Dem 85-Jährigen werden die Mitschuld an Folter und Morde an politischen Häftlingen vorgeworfen. Weitere 28 Personen sowie der frühere General Luciano Benjamín Menéndez sind angeklagt.

Mittagsjournal, 07.07.2010

Immer zu Verantwortung gestanden

Ex-Militärdiktator Jorge Rafael Videla: "Ich übernehme voll und ganz die militärische Verantwortung für sämtliche Aktionen des argentinischen Militärs während dieses inneren Krieges" - mit diesen Worten hat Jorge Rafael Videla einen Teil der Verantwortung für die Militärherrschaft zwischen 1976 und 1983 übernommen. Er habe sich, so betonte Videla wiederholt, stets zu der militärischen Verantwortung bekannt.

"Staat übte Terror aus"

Aufmerksam verfolgen die Argentinier diesen Prozess. Vor allem für die Familienangehörigen der Opfer, scheint nun eine Art Gerechtigkeit einzutreten, so Carolina Vaca Narvaja. Ihr Vater war Anwalt und wurde 1976 hingerichtet. "Auch wenn wir 34 Jahre auf diesen Prozess warten mussten, sind wir glücklich. Wenn auch mit sehr gemischten Gefühlen. Wir sind davon überzeugt, dass dieser Prozess nicht nur uns helfen wird, sondern auch der argentinischen Gesellschaft helfen wird zu verstehen, wie der Staat Terror ausübte", erzählt Carolina Vaca Narvajo.

Begnadigung in den 80er Jahren

125 Zeugen sind insgesamt für diesen Prozess geladen worden. Von denen werden zehn extra aus dem Ausland einreisen. Bereits 1986 wurde Videla wegen der Verbrechen zur Zeiten der Militärdiktatur zu lebenslanger Haft verurteilt. Doch fünf Jahre später erließ der damalige Präsident Carlos Menem ein Amnestiegesetz, Jorge Rafael Videla wurde begnadigt.

Neuauflage von Prozess durch neue Verfassung

Die Begnadigung gilt heute mittlerweile als verfassungswidrig. Somit entsteht die Möglichkeit, dass der Prozess neu aufgerollt werden kann. Luis Baronetto ist einer der zahlreichen Angehörigen, der diesen Prozess verfolgt. Er ist hier für seine Frau: "Meine Frau wurde am 11. Oktober 1976 mit fünf weiteren Personen entführt und später im Gefängnis erschossen. So ein Bericht, den der Oberst Medi unterzeichnet hatte und heute zu den Angeklagten zählt."

Verteidigung ist gegen Höchststrafe

In den nächsten sechs Monaten werden die zwölf Anwälte der Verteidigung versuchen die Höchststrafe zu verhindern. Diese hätte für die 29 Angeklagten eine lebenslange Haft zur Folge.

Deutschland verlangt Auslieferung

Im Ausland wird das Verfahren vor allem in Deutschland mit großem Interesse beobachtet. Denn auch die deutsche Justiz will Videla den Prozess machen u. a. wegen der Ermordung von Elisabeth Käsemann, Tochter des Theologen Ernst Käsemann. Aufgrund des laufenden Prozesses in Cordoba hat die argentinische Justiz die Auslieferung an Deutschland jedoch abgelehnt