Angelobung des österreichischen Bundespräsidenten

Fischer, die zweite

Am Donnerstag ist Heinz Fischer für seine zweite Amtsperiode als Bundespräsident angelobt worden. Zu diesem Zweck trat im Parlament die Bundesversammlung zusammen. Fischer hat gelobt, die Verfassung zu beachten und seine Pflicht nach bestem Wissen und Gewissen zu erfüllen.

Morgenjournal, 8.7.2010

Zeremonie am Donnerstagvormittag

Kriegserklärungen und die Vorbereitung von Präsidentenanklagen bzw. -absetzungen sind erfreulicherweise nur Theorie im österreichischen Verfassungsleben. Daher trifft sich die Bundesversammlung eben nur alle sechs Jahre, und zwar zu einem höchst feierlichen Zweck, nämlich einen Bundespräsidenten anzugeloben, bzw. im heutigen Falle wieder anzugeloben. Um zehn Uhr Vormittags war es wieder so weit.

Hohe Zustimmung von wenig Beteiligten

Der 71jährige Jurist und frühere SPÖ-Politiker Heinz Fischer ist im April mit 79,3 Prozent der Stimmen wiedergewählt worden. Das ist zwar der zweitbeste Stimmenteil eines Präsidenten bisher, zugleich lag aber die Wahlbeteiligung bei bloß 53,6 Prozent. Heinz Fischers Gegenkandidaten hießen Barbara Rosenkranz und Rudolf Gehring.

Die geringe Wahlbeteiligung habe das Amt nicht wesentlich beschädigt, glaubt Politologe Peter Filzmaier. Denn die Grundpoblematik sei ja vorher schon bekannt gewesen. Der Präsident befinde sich in einer "schwierigen Zwitterfunktion", so Filzmaier: "Einerseits nimmt man das Amt nicht so wichtig, andererseits fordert man dann und wann mehr Aktivität ein." Das sei für Heinz Fischer derzeit ein praktisches Problem. Was soll er tun?

Amtsreform sinnvoll?

Er könne vielleicht gelegentlich durch moralische Zwischenrufe einzelne Parteien in Kommunikationsschwierigkeiten bringen, aber langfristig könne er von dem, was er sagt, nichts umsetzen. Wenn der Bundespräsident inhaltliche Einwände gegen ein Gesetz hat und sich weigert, zu unterschreiben, dann löst er quasi eine Verfassungskrise aus.

Filzmaier schlägt eine Amtsreform vor: Man müsse das Amt entweder formell schwächen oder eben stärken. Eine Möglichkeit wäre auch, die Amtsperiode auszuweiten, dafür aber eine Wiederwahl zu verbieten. Denn das mache den Präsidenten in seiner Funktion unabhängiger von politischen Parteien, so Filzmaier, denn dann sei er ja auf keine Unterstützung für eine mögliche Wiederwahl abhängig.

"Der Bundespräsident befindet sich in schwieriger Zwitterfunktion."

Der Politologe Peter Filzmaier im Gespräch mit Ernst Weinisch.

Angekündigte Pointen

Er werde den einen oder anderen Gedanken in seiner zweiten Amtszeit pointierter formulieren, hat Heinz Fischer unmittelbar nach seiner Wiederwahl gegenüber Ö1 formuliert. Und auf die Reporterfrage, zu welchen Themen das denn sein könne, hatte Fischer geantwortet: darüber werde man später reden.

Vielleicht ist dieses "später" heute. Bei seiner Wieder-Antrittsrede hat er Gelegenheit dazu. Bei seiner Angelobung am 8. Juli 2004, die vom Tod seines Amtsvorgängers Thomas Klestil zwei Tage zuvor überschattet war, hatte Heinz Fischer persönliche Unparteilichkeit versprochen, weiters seinen Einsatz für harmonische Zusammenarbeit der Staatsorgane, sowie für Friedenspolitik und die europäische Zusammenarbeit angekündigt.

Feiern ohne BZÖ?

Konkrete Aufforderungen an Fischer, sich mehr als bisher in die tägliche Verfassungspolitik einzubringen, gibt es jedenfalls schon. BZÖ-Chef Josef Bucher hat Fischer aufgefordert, klare Worte zum "geplanten Verfassungsbruch durch die Bundesregierung" zu finden.

Gemeint hat Bucher damit die verspätete Budgetrede. Ansonsten würden die BZÖ-Abgeordneten am Abend den festlichen Empfang des Bundespräsidenten für Abgeordnete, Regierung und für Prominenz aus Wirtschaft, Kultur und Medien boykottieren.

Eine moralische Instanz

Politologe Peter Filzmaier bezweifelt, dass sich der Bundespräsident zu konkreten Äußerungen hinreißen lasse. Heinz Fischer habe immer wieder zu Themen Stellung bezogen. Allerdings weniger im konkreten Anlassfall, sagt Filmaier: "Das heißt, er nimmt zur Verfassung für Menschenrechte in Europa Stellung, aber nicht zum Fall Arigona Zogaj."

Daher sei es vorstellbar, dass Fischer Aussagen über seriöses Wirtschaften generell mache, aber wohl kaum zur aktuellen Budgetdebatte. Das entspreche auch der Erwartungshaltung der Österreicher, so Filzmaier. Diese sehen nämlich im Bundespräsidenten durchaus eine Art moralische Instanz im Land.