Premiere in Reichenau

Schnitzlers "Der Weg ins Freie"

Im Kurtheater in Reichenau an der Rax folgt am 9. Juli 2010 die letzte Premiere dieses Festival-Sommers und sie gilt wieder einmal Arthur Schnitzler, aber nicht einem seiner Stücke, sondern seinem weniger bekannten Roman "Der Weg ins Freie".

Kultur aktuell, 09.07.2010

Beim Theatefestival von Reichenau steht die Zeit Wien um 1900 meistens im Zentrum, das legt das Sommerfrischegebiet des Fin de Siècle natürlich nahe. Nach zwei Ausnahmen heuer mit Ibsen und Kehlmann kehrt man mit der letzten Premiere, dem Schnitzler-Roman "Der Weg ins Freie", zur eigentlichen Stammmaterie zurück und bedient damit auch das Stammpublikum aus dem nahen Wien, das nach diesen Stoffen geradezu giert.

Aufarbeitung einer Affäre

Arthur Schnitzler begann seinen Roman "Der Weg ins Freie" im Sommer 1902 und er arbeitet darin seine eigene Affäre mit Mitzi Reinhardt auf, die von ihm schwanger geworden war und eine Totgeburt zu Welt brachte. Wie Schnitzler kann sich sein Protagonist, der Baron von Wergenthin, nicht dazu entschließen zu heiraten und pflegt andere Verhältnisse. Aus dem jungen Arzt und Schriftsteller wird im Roman allerdings ein Komponist, aus Mitzi Reinhardt eine Musiklehrerin, in Reichenau gespielt von Katharina Strasser und Manuel Rubey.

Die Burgschauspielerin Maria Happel, die im letzten Jahr erfolgreich Doderers "Strudlhofstiege" im Südbahnhotel am Semmering in Szene gesetzt hat, inszeniert wieder farben- und nuancenreich, komisch und ironisch. Kannte Sie Schnitzlers Roman zuvor? "Nein, aber nachdem hier alle Schnitzler-Stücke gespielt worden sind in den letzten Jahren, blieb einfach nur mehr der Roman übrig", meint Happel.

Die Atmosphäre der Zeit

Die Bühnenfassung von Stefan Slupetzky und Maria Happels Inszenierung arbeiten besonders die Spannung zwischen Bürgertum, Aristokratie und Judentum auf und den Komplex des Antisemitismus.

"Was mich immer wahnsinnig interessiert ist, die Atmosphäre dieser Zeit einzufangen", so Happel. "Und die politische Situation, die Brisanz, die Geschichte, die wir mittlerweile im Rucksack haben, die er in fast prophetischer Art niedergeschrieben hat, das ist natürlich ungeheuer spannend."

Alle Vorstellungen ausverkauft

Mit der Premiere von "Der Weg ins Freie" fällt für das Reichenauer-Intendantenpaar Loidolt natürlich der anfängliche Druck weg. Bis Ende des Monats wird dann noch gespielt und der Sommer scheint wieder einmal so gut wie gewonnen.

"Für das Publikum ist der Sommer sicher gewonnen", meint Renate Loidolt. "Wir haben alle Plätze verkauft für alle Produktionen. Es sind so viele Künstler beteiligt bei vier Produktionen, das ist eigentlich das Hauptanliegen. Es ist so gut vorbereitet, wir haben keine Sorge, dass das nicht gefallen könnte."

Schnitzlers Roman "Der Weg ins Freie" im Kurtheater Reichenau wird in Kostümen von Erika Navas und im Bühnenbild von Peter Loidolt gespielt, die mit Anklängen und Zitaten aus der Schnitzler-Zeit arbeiten, aber durchlässig für das Heute sind.

Textfassung: Ruth Halle