Verschieben ist verfassungswidrig
Das Einmaleins der Budgeterstellung
Verfassungsgerichtshof-Präsident Gerhart Holzinger hat nun in der Diskussion um den umstrittenen Budget-Fahrplan der Bundesregierung eindeutig Stellung bezogen: Der Entwurf sei im Oktober vorzulegen, das sei so einfach wie die Antwort auf die Frage, wie viel Eins plus Eins ist.
8. April 2017, 21:58
Budget hat vorzuliegen
Die Verfassung gebietet, dass die Bundesregierung den Budgetentwurf spätestens zehn Wochen vor Beginn des Budgetjahres dem Nationalrat vorzulegen hat, sagt Verfassungsgerichtshof-Präsident Gerhart Holzinger. Und es gebe keine strengere juristische Formulierung, als "vorzulegen hat".
Und Holzinger zeigt sich unbeeindruckt von der Tatsache, dass der Verfassungsdienst des Bundeskanzleramts und Juristen in Expertisen die Meinung vertreten haben, es sei in Ausnahmenfällen auch eine spätere Budgetvorlage möglich. Gerhart Holzinger war übrigens früher selbst Leiter des Verfassungsdienstes im Kanzleramt.
Noch kein Fall für Verfassungsrichter
Für den Verfassungsgerichtshof gebe es derzeit nichts zu tun. Vorderhand ist die Angelegenheit eine, die sich der Nationalrat und die Bundesregierung untereinander ausmachen müssen, meint Holzinger. Er schließt aber nicht aus, dass sich die Höchstrichter eines Tages damit auseinandersetzen müssen. "Das Bundesgesetz ist ein Gesetz, wie jedes andere. Es kann vor dem Verfassungsgerichtshof bekämpft werden, wie jedes andere Gesetz auch. Und es ist in der Vergangenheit schon der Fall gewesen, dass Bundesfinanzgesetze bekämpft werden."
Angekratztes Image
Jedem, dem die Verfassung am Herzen liege, müsse es schmerzen, wenn in der öffentlichen Diskussion Vokabel, wie "Verfassungsbruch" auftauchen, so Holzinger. Denn das erwecke in Bevölkerung den Eindruck, als würde es die Politik mit der Verfassung nicht so ernst meinen.
Ob er im konkreten nur den Anlass für die Diskussion bedauert - sprich den Budgetfahrplan der Bundesregierung - oder auch die Wortwahl in der Diskussion - sprich die Reaktion der Opposition, das lässt der VfGH-Präsident auch auf Nachfrage offen. Die ganze Angelegenheit trage jedenfalls nicht dazu bei, das Verfassungsbewusstsein der Bevölkerung zu stärken, das in Österreich ohnehin nicht so gut ausgeprägt sei, im Vergleich zum Beispiel mit den USA oder mit Deutschland.
Kärntner Ortstafelstreit
Anlass für Gerhart Holzingers Pressekonferenz war heute übrigens eine weitere Entscheidung zum Thema Kärntner Ortstafeln. Die Verfassungsrichter haben es für unzulässig erklärt, wenn die Kärntner Landesregierung die slowenische Ortsbezeichnung in eine schon bestehende deutsch-sprachige Ortstafel hinein montiert, und das in kleinerer Schrift.
Beide Sprachen seien gleichwertig zu behandeln. Nebeneffekt dieses Verfahrens: Jener Rechtsanwalt aus der slowenischen Volksgruppe, der das Verfahren durch absichtliches Schnellfahren herbeigeführt hat, muss die ursprünglich verhängte Geldstrafe nun doch nicht bezahlen.