Aber möglichst moderat
Gemeinden für Grundsteuererhöhung
Bei den Gemeinden gibt es nun erste Stimmen für eine Reform der Grundsteuer. Gemeindebund-Präsident Helmut Mödlhammer, selbst Bürgermeister von Hallwang in Salzburg, plädiert im Ö1-Interview für eine Reform der Grundsteuer, warnt aber vor zu großen Härten für Hausbesitzer und Mieter. Die Bauern will er ganz verschonen.
8. April 2017, 21:58
"Reform wird ohnehin nötig sein"
Gemeindebund-Präsident Helmut Mödlhammer im Morgenjournal-Interview mit
Urteil erzwingt Änderung
Eine Anpassung der Grundsteuerbemessung wäre "natürlich" im Interesse der Gemeinden, so Mödlhammer. Dabei müsse man aber aufpassen, weil sich das stark auf Wohnungs- und Mietpreise durchschlägt. Eine Änderung werde ohnehin notwendig werden, und zwar aufgrund eines Urteils des Verfassungsgerichtshofes, das in den nächsten Monaten zu erwarten sei.
Für "kontinuierliche" Lösung
Die Einnahmen aus der Grundsteuer für die Gemeinden beziffert Mödlhammer mit rund 500 Millionen Euro. Eine Erhöhung würde also die Probleme der Gemeinden nicht lösen, deshalb gehe man vorsichtig an das Thema heran. So wäre eine kontinuierliche Lösung entsprechend der Inflation besser als eine Verdoppelung, meint der Gemeindebundpräsident. Wobei: "Eine generelle Lösung, die allen gerecht wird, wird's kaum geben."
Preisentwicklungen berücksichtigen
Jedenfalls sollten die Erhöhungen etwa für Hausbauer und Mieter "möglichst moderat" sein: "Der Verbraucherpreisindex ist zum Beispiel so ein Faktor", so Mödlhammer. Dabei müsste man auch berücksichtigen, wie sich die Grundstückspreise in einer Region entwickeln, ob sie sinken oder auch stark steigen. Bei all den Überlegungen geht es laut Mödlhammer in erster Linie um Baugrundstücke. Landwirtschaftliche Grundstücke spielten dabei kaum eine Rolle.
Städtebund-Chef Häupl: Reform notwendig
Auch der Wiener Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ), Präsident des Städtebundes, hält es für "notwendig", über eine Reform der Grundsteuer nachzudenken. Auch Häupl verweist auf das bevorstehende Urteil des VfGH, das Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) offenbar "verborgen geblieben" sei. Dass die Reform auf eine Erhöhung hinausläuft, darüber könne man "bei dem finanziellen Zustand der Gemeinden sicher reden", so Häupl. Die Gemeinden brauchten zusätzliche Einnahmen, schließlich habe man ihnen ja auch eine ganze Reihe an Einnahmen weggenommen, wie etwa die Getränkesteuer. Vorschläge müssten schon vorher ausgearbeitet werden, fordert Häupl, wobei aber die Wohnungsmieten nicht belastet werden dürften. Für die Stadt Wien, die selbst der größte Grundbesitzer des Bundeslandes ist, werde es eher ein Nullsummenspiel sein.
"Über Erhöhungen nachdenken"
Der Wiener Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ), Präsident des Städtebundes, im Mittagsjournal-Interview mit
Letzte Anpassung 1973
Insgesamt zahlen Österreichs Grundstücksbesitzer jedes Jahr rund 580 Millionen Euro an Grundsteuer. Der Anteil der Landwirtschaft daran beträgt 26 Millionen Euro, das ist die sogenannte Grundsteuer A. Die letzte Anpassung gab es in den 1980er Jahren, seither stagniert der Betrag. An sich war für 2010 eine Neubewertung geplant, bisher ist das nicht geschehen. Alle anderen Immobilien, zum Beispiel Wohnhäuser, fallen unter die Grundsteuer B. Hier gab es die letzte Neubewertung 1973.
Morgenjournal, 15.07.2010
Realer Verlust für Gemeinden
Der größte Teil der Grundsteuer geht an die Gemeinden. Berechnet wird diese Steuer nicht anhand des tatsächlichen Werts einer Immobilie, sondern über die sogenannten Einheitswerte - die eben seit Jahrzehnten nicht mehr an die Inflation angepasst wurden. Daher das annähernde Gleichbleiben des Steueraufkommens, das aber einen realen Verlust für die Gemeinden bedeutet.
Andere Einnahmen sinken
Verschärft wird das Problem dadurch, dass die Haupteinnahmequellen der Gemeinden, das sind die sogenannte Ertragsanteile an den Steuereinnahmen des Bundes und die Kommunalsteuer, durch die Wirtschaftskrise ebenfalls gesunken sind.
Reform empfohlen
Im internationalen Vergleich gilt die Grundsteuer in Österreich als niedrig, sowohl das Wirtschaftsforschungsinstitut als auch der Internationale Währungsfonds und Steuerfachleute wie Werner Doralt vom Institut für Finanzrecht haben eine Reform - sprich eine Erhöhung - empfohlen.
Regierung eher gegen Erhöhung
Allerdings sind in der Regierung bisher weder SPÖ noch ÖVP für eine Grundsteuer-Erhöhung eingetreten. Finanzminister und ÖVP-Chef Josef Pröll hat am Mittwoch klargestellt, es gebe keinen Grund, an eine Grundsteuererhöhung zu denken. Kritik kommt heute auch von von den Freiheitlichen und vom BZÖ. SPÖ-Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter spricht sich gegen eine Belastung von "Häuselbesitzern, Mietern und Kleingarteninhabern" aus, fordert aber eine Grundsteuer-Reform für die Landwirtschaft. SPÖ-Chef Werner Faymann hat sich schon vor längerem gegen eine Grundsteuer-Erhöhung ausgesprochen.
Fast jeder betroffen
Dass die nicht populär wäre, liegt am großen Kreis der Betroffenen: Grundsteuer zahlen in Österreich nicht nur Hausbesitzer und Bauern, sondern auch Mieter, denen die Grundsteuer gemäß Mietrechtsgesetz weiterverrechnet werden darf. Eine Gratwanderung zwischen Wählerinteressen und Mehreinnahmen für den Staat, die die Regierung bisher vermieden hat.
Brisante Gerichtsentscheidung
Allerdings könnte demnächst der Verfassungsgerichtshof (VfGH) die Politik zu einer Entscheidung zwingen: In der Oktober-Session wird der VfGH über die Grundsteuer beraten. Konkret geht es in einem Beschwerdefall um die Frage, ob die Berechnung nach dem Einheitswert verfassungswidrig ist. Sollten die Verfassungsrichter hier tatsächlich Bedenken haben, dann würde ein Gesetzesprüfungsverfahren eingeleitet werden.