Ai-Bericht über Gesundheitsversorgung

Nordkorea: Amputationen ohne Narkose

Hunger, Isolation und Zwangsarbeit ist für Millionen Nordkoreaner bittere Realität. Nun hat sich ein Amnesty-International-Team die Gesundheitsversorgung der Diktatur angesehen. Und auch hier herrscht unvorstellbarer Mangel: Operationen ohne Narkose, keine Medikamente und kein Strom in den Spitälern von Nordkorea ist der Alltag.

Mittagsjournal, 15.07.2010

In Spital beginnt erst die Qual

Die Odysse beginnt schon lange bevor Patienten im Krankenhaus ankommen. Denn viele schaffen es erst gar nicht dorthin. Durch Benzinmangel gibt es de facto keine öffentlichen Verkehrsmittel. Nur manchmal fahren überfüllte Züge. Oft müssen Schwerkranke stundenlang zu Fuß zum nächsten Arzt gehen oder von Verwandten dorthin getragen werden, berichtet Maya Liebing, Asien-Expertin von Amnesty International in Berlin. Und wenn man es geschafft hat, warten oft unvorstellbare Qualen: "Keine Narkose bei Amputationen - das wurde bei Interviews den AI-Kollegen sehr oft geschildert", berichtet Maya Liebing.

Mangelernährung als Hauptursache

Nachdem der Zugang zu Nordkorea auch für Amnesty nicht möglich ist, wurden für den Bericht Menschen Interviewt die aus dem Land flüchten konnten. Es zeigt sich das Bild eines Landes in dem schon der pure Kampf ums tägliche Überleben für viele nicht zu gewinnen ist. Und so ist die Mangelernährung ein zentraler Grund für den schlechten Gesundheitszustand der Bevölkerung - schwaches Immunsystem, Tuberkulose.

Behandlungen oft unleistbar

Viele können sich die Behandlung von Krankheiten schlicht nicht leisten. Denn auch wenn in der Theorie die Gesundheitsversorgung gratis ist, müssen die Ärzte direkt bezahlt werden. Denn sie bekommen schon seit langem selbst keinen Gehalt mehr. Und so kommt es immer wieder vor, dass Menschen sterben weil sie sich eine Behandlung nicht leisten können. Und das Zahlen geht weiter. Denn wer Medikamente braucht, muss sie selbst am Schwarzmarkt organisieren. Den Spitälern mangelt oft schon an Lebensmitteln oder Heizung.

Kritik ist lebensgefährlich

Eine Besserung der Lage ist nicht in Sicht - ganz im Gegenteil. Durch die anhaltende Misswirtschaft und die UNO-Sanktionen steht Nordkorea wirtschaftlich schlechter da denn je. Dazu kommt die politische Ungewissheit - befindet sich das Land doch gerade in einer Übergangsphase von der Regentschaft von Kim Jong il auf seinen Sohn und vermutlichen Nachfolger Kim Jong Un. Kritik am System, und sei es nur an den Zuständen in den Krankenhäusern, ist lebensgefährlich, sagt Maya Liebing von Amnesty International - es droht Haft, Arbeitslager und sogar Hinrichtung.

Appell an Nachbarn und Großmächte

Und so fordert Amnesty zumindest mehr Hilfsorganisationen ins Land zu lassen und fordert Südkorea, die USA, China, Japan und Russland auf, die Hilfe für die notleidende Bevölkerung nicht von politischen Zugeständnissen abhängig zu machen.

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