Experte hält Kompromiss für möglich
Flexibler, aber kürzer arbeiten
Der Arbeitszeitexperte des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo), Thomas Leoni, sieht im Streit über Arbeitszeitverkürzung und Flexibilisierung einen Spielraum für Kompromisse: So könnte es als Verhandlungsergebnis eine höhere Flexibilisierung mit geringeren Wochenarbeitszeiten geben.
8. April 2017, 21:58
Patt bei Herbstlohnrunde droht
Bei den Metaller-Lohnverhandlungen im Herbst drohen wie schon im Vorjahr heftige Auseinandersetzungen zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite. Denn die Arbeitgeber wollen der Gewerkschaftsforderung nach einer Arbeitszeitverkürzung nicht nachkommen. Umgekehrt will die Gewerkschaft die flexibleren Arbeitszeiten, die von Unternehmerseite schon seit Jahren gefordert werden, auch heuer nicht akzeptieren
"Kompromisse sicher möglich"
Der Arbeitszeitexperte des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo), Thomas Leoni, im Morgenjournal-Gespräch mit
Rahmenbedingungen möglich
Wifo-Arbeitszeitexperte Leoni ist zwar nicht zuversichtlich, dass im Streit um die Arbeitszeitverkürzung eine Lösung gefunden werden kann, die alle zufriedenstellt. Aber über Kollektivverträge könnten für einzelne Branchen Rahmenbedingungen ausgehandelt werden, die dann in den Betrieben ausgeschöpft oder auch nicht ausgeschöpft werden können. Damit wäre Flexibilität auf Betriebsebene möglich. Arbeitszeitverkürzung ohne Lohneinbußen sei aber sicher nur schwer durchsetzbar, so Leoni.
Auf die Gestaltung kommt es an
Die Gewerkschaft will mit der Forderung nach Arbeitszeitverkürzung mehr Beschäftigung schaffen und zugleich die Lebensqualität verbessern. Ob das gelingt, hänge aber von der Gestaltung der Arbeitszeitverkürzung ab, warnt Leoni. Denn es komme darauf an, in welchen Branchen und Berufen die Arbeitszeit verkürzt wird, welchen Effekt das auf die Produktivität und die Kosten im Unternehmen habe und ob die höheren Kosten an die Konsumenten weitergegeben werden können. An sich sei jetzt aber ein guter Zeitpunkt, über innovative Ideen nachzudenken.
Stärken der Sozialpartnerschaft
Andererseits steht hinter der Arbeitgeberforderung nach Flexibilisierung nach Ansicht Leonis vor allem die Absicht, mit längeren Durchrechnungszeiten Kosten zu sparen. Wenn sich beide Seiten aber auf die Stärken der Sozialpartnerschaft konzentrieren, wären Kompromisse sicher möglich, so Leoni.
Verhärtete Fronten vor Metaller-Lohnrunde
Morgenjournal, 28.07.2010
Flexibilisierung vs. Arbeitszeitverkürzung
Wenn im Herbst vor den Lohnverhandlungen in der Metallindustrie Arbeitgeber und Arbeitnehmer ihre Forderungen austauschen, wird auf der Liste der Arbeitgeber wieder einmal die Forderung nach flexibleren Arbeitszeiten stehen. Damit könne in Krisenzeiten besser auf Auftragsschwankungen reagiert werden, und das würde Kündigungen vermeiden, heißt es von Arbeitgeberseite. Die Arbeitnehmer wehren sich gegen die Arbeitszeitflexibilisierung - dahinter verberge sich eine Arbeitszeitverlängerung mit billigeren Überstunden und Einkommensverlusten, wird von Gewerkschaftsseite argumentiert. Wichtigste Forderung der Arbeitnehmer ist wie schon im Vorjahr eine Arbeitszeitverkürzung mit Reduktion der Überstunden, ohne Lohneinbußen. Damit könnte die Arbeit auf mehr Personal verteilt und auf diese Weise Arbeitslosigkeit bekämpft werden, so die Gewerkschaft. Die Arbeitszeitverkürzung wiederum wird von der Arbeitgeberseite abgelehnt.
Aufgeheizte Stimmung
Ein zähes Ringen bei den Lohnverhandlungen ist also programmiert, zumal schon im vergangenen Herbst die Metaller-Lohnverhandlungen am Thema Arbeitszeitflexibilisierung beinahe gescheitert wären. Nach dem Lohnabschluss wurde das Thema Arbeitszeitflexibilisierung nachverhandelt, es kam aber erneut zu keiner Einigung. Die Stimmung ist aufgeheizt, und die Arbeitgeber fühlen sich von der Gewerkschaft quasi gelegt, denn die Arbeitgeber hatten den Lohnabschluss von 1,45 Prozent im vergangenen Herbst als Vorleistung für flexiblere Arbeitszeiten betrachtet.
Signalwirkung
Am 30. September werden die Metaller den Arbeitgebern ihr Forderungspaket übergeben, verhandelt werden soll dann am 14. und 21. Oktober. Die Lohnverhandlungen für die rund 170.000 Beschäftigten in der Metallindustrie haben traditionell Signalwirkung für die anderen Branchen.