Plus 40 Prozent für Deutsche Bahn

Bahntransport als Konjunkturbarometer

Ziemlich handfeste Beweise für einen wirtschaftlichen Aufschwung in Europa hat die Deutsche Bahn vorgelegt. Sie profitiert vom Anziehen der Konjunktur so stark, dass die Menge der von ihr transportierten Güter gleich um 40 Prozent in die Höhe geschnellt ist, gegenüber dem letzten Jahr, als mit der Wirtschaft auch die Transporte eingebrochen waren.

Trotz guter Zahlen hat es aber in letzter Zeit für die Deutsche Bahn vor allem Negativschlagzeilen gehagelt. Zuletzt etwa wegen defekter Klimaanlagen in ihren Zügen. Dass es um ihre technischen Einrichtungen nicht zum Besten steht, hat die Deutsche Bahn jetzt sogar selbst zugegeben.

Mittagsjournal, 28.07.2010

Gütertransport zieht an

Der Luftfahrtbranche Leid war in der ersten Hälfte diese Jahres der Eisenbahner Freud. Auch massiven Flugausfälle durch die Aschewolke über Island haben der Deutschen Bahn geholfen, heute gute Zahlen präsentieren zu können.

Der Personen- und Güterverkehr, der wegen der Vulkanasche keine andere Option hatte als die Bahn, ist aber nur eine Ursache für die relativ guten Zahlen, die das Unternehmen heute für die ersten sechs Monate des Jahres vorgelegt hat. Denn auch die wieder anziehende Konjunktur bekam die Bahn in besonderem Maße zu spüren, weil ihr Güterverkehr sehr stark vom Wohl und Wehe der deutschen Exportwirtschaft abhängt. Hier ist die Menge der transportierten Güter nach dem Krisenjahr 2009 gleich um 40 Prozent gestiegen, der Umsatz um 20 Prozent.

Gluthitze im Sommer, Schnee im Winter

Damit könnte Rüdiger Grube, der Chef der Deutschen Bahn, Zufriedenheit verströmen, wenn da nicht die massiven Probleme wären, die die Bahn in den letzten Monaten immer wieder in den Schlagzeilen gehalten haben. Zuletzt waren es defekte Klimaanlagen in den schnellen ICE-Zügen, die der Bahn ein Desaster im öffentlichen Ansehen bescherten.

Auf bis zu 70 Grad sollen die Temperaturen im ICE geklettert sein, Passagiere erlitten Gesundheitsschäden, und mit finanziellen Entschädigungen ließ sich die Bahn zunächst einige Zeit. Aber auch im Winter waren Züge reihenweise liegengeblieben, Schnee hatte sie aufgehalten, doch den gibt es im Winter öfter. Was die technischen Probleme anlangt, macht auch Bahnchef Rüdiger Grube kein Hehl daraus, dass einiges von dem, was auf Deutschlands Gleisen rollt, akut verbesserungsbedürftig ist.

Investition in S-Bahn

In Berlin hatte auch die S-Bahn, die von der Deutschen Bahn betrieben wird, mit massiven Problemen zu kämpfen, bis heute ist sie nicht wieder voll einsatzbereit. Jetzt soll ein Investitionsprogramm der Deutschen Bahn wieder auf die Beine helfen.

Teilprivatisierung aufgeschoben

Unter dem Strich kann die Deutsche Bahn für die erste Jahreshälfte einen Reingewinn präsentieren, 392 Millionen Euro. Das ist aber ein eher theoretischer Wert. Denn für ihren Regionalverkehr, für ihr Schienennetz und andere Aufwendungen bekomm die Bahn von der öffentlichen Hand ein Vielfaches dieses Gewinns als regelmäßigen Zuschuss.

Vom Projekt Teilprivatisierung der Bahn, die Rüdiger Grubes Vorgänger Hartmut Mehdorn so energisch vorangetrieben hatte, war heute nicht mehr die Rede. Dieses hatte der Bahn den Vorwurf eingetragen, sie würde Betrieb und Wartung vernachlässigen, um sich an der Börse mit besseren Zahlen präsentieren zu können, ein Vorwurf, dem man derzeit durch Aufschub des Privatisierungsvorhabens auszuweichen gedenkt.