Patricia Petibon als verführerische Urfrau
"Lulu" - bunt und abwechslungsreich
Die Oper "Lulu" von Alban Berg - nach Frank Wedekind - hat am Sonntag Premiere bei den Salzburger Festspielen. In der Hauptrolle singt Patricia Petibon, die erst zu Jahresbeginn die Lulu in einer Inszenierung in Genf gespielt hat, das Bühnenbild stammt vom deutschen Maler Daniel Richter.
26. April 2017, 12:23
Mittagsjournal, 30.07.2010
Projektionsfläche mit vielen Rollen
Lulu gefällt den Männern. Jedem erscheint sie, wie er es wünscht: sei es als Kindfrau, sei es als femme fatale. Lulu spielt viele Rollen. Für den einen ist sie Eva, für den anderen Nelly, für den Dritten Mignon. Nur sie selber ist sie nie. Und Dr. Schön, den Mann, den sie liebt, bekommt sie nicht.
"Es ist auch eine Geschichte über die obsessive Beziehung zweier Menschen, die nicht ohne einander können, die voneinander nicht lassen können, aber miteinander auch nicht leben können", sagt Regisserin Vera Nemirova. "Es ist dieses Lulu-Dr.Schön-Syndrom."
Gerade weil Lulu eben nichts als eine Projektionsfläche ist, sehen die Männer in ihr das verführerische Urweib, für das sie gerne ihr Leben lassen. Und sie singt: "Wenn sich die Menschen um meinetwillen umgebracht haben, so setzt das meinen Wert nicht herab."
Raumgreifende Gemälde von Richter
Patricia Petibon, die in der Hauptrolle zu sehen ist, hat erst zu Jahresbeginn die Lulu in einer Inszenierung in Genf gesungen, bei der die letzte Szene in ein Pornokino verlegt war.
Von einem Pornokino sieht die Salzburger Lulu nichts, auch wenn sie mit ihren Reizen nicht geizt und viel Haut zu sehen ist. Das Bühnenbild bleibt zweidimensional und folgt der Entwicklung der Lulu, die ihren Handlungsradius ausdehnt. Bis nach Paris. Zu sehen sind die raumgreifenden Gemälde von Daniel Richter: Einmal zeigen sie eine stumm glotzende Menschenmenge, dann einen kalten Winterwald, in dem es Lulu fröstelt. In der Garderobenszene kann Lulu sich nicht sehen, weil ihr Spiegel bemalt ist mit einem großen roten Farbfleck. Sie ist sich selbst der blinde Fleck, wie der Maler Daniel Richter sagt.
"Der Bühnenraum den wir sehen ist am Anfang, sagen wir, zehn Meter in der Breite, dann ist er 15 Meter und am Ende 48 Meter", sagt Richter. "Also, je nachdem, im Lauf der Handlung - es geht auch gar nicht anders, also zumindest nicht in dem was ich mache: Ich mache ja eigentlich nur Malerei und ein paar Objekte - als einfach immer noch gewissermaßen einen Vorhang zu ziehen, oder ein Bild fallenzulassen und dahinter ein noch größeres Bild zu haben - anders geht es leider gar nicht auf der Bühne."
Mitten im Publikum
Die Regieeinfälle von Vera Nemirova sind abwechslungsreich: so spielt etwa eine Partyszene des dritten Aktes - der ja von Friedrich Cerha fertig gestellt wurde - mitten im Publikum. Wenn man Glück hat, kann man da sogar ein Sandwich ergattern. Die elegant gekleideten Partygäste diskutieren über ihre Jungfrauaktien - was dem Theaterabend eine sehr aktuelle Note verleiht.
Am Sonntag geht die Premiere der Oper "Lulu" von Alban Berg in der Felsenreitschule über die Bühne.