Wurden Ermittlungen beeinflusst?

"Unfall" auf Wiener Gaddafi-Grundstück

Im Zuge der Affäre um angebliche Haider-Konten rückt jetzt wieder ein Vorfall auf dem Grundstück von Gaddafi-Sohn Saif in Wien im Juli 2007 ins Interesse. Eine Ukrainerin ist damals lebensgefährlich verletzt worden. Sehr rasch haben die Behörden damals Fremdverschulden ausgeschlossen und die Ermittlungen eingestellt.

Mittagsjournal, 06.08.2010

Eifersucht im Spiel?

Hat jemand nachgeholfen oder war es ein selbstverschuldeter Sturz, bei dem eine 22-Jährige Ukrainerin im Juli 2007 lebensgefährlich verletzt wurde? Dem Ermittlungsergebnis der Staatsanwaltschaft zufolge gab es nach dem Vorfall bei der Villa von Jörg Haiders Freund Saif Gaddafi keinen Hinweis auf Fremdverschulden. Es wird angenommen, die Frau - damals eine oder möglicherweise die Freundin von Saif Gaddafi - sei aus Eifersucht auf einen Baum geklettert um auf Gaddafis Balkon und letztlich in seine Wohnung zu gelangen. Gaddafi soll davor mit einer anderen Frau von einer Feier nach Hause gekommen sein.

Opfer konnte sich nicht mehr erinnern

Beim Klettern sei wohl ein Ast gebrochen, so die realistischste Version aus Sicht der Staatsanwaltschaft. Aus rund fünf Metern stürzte die Ukrainerin in die Tiefe. Auf der darunterliegenden Terrasse sei auch ein Ast gefunden worden, sagt die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Wien Michaela Schnell. Das Ergebnis nach vier Zeugenbefragungen ergab keinerlei Hinweise auf ein mögliches Fremdverschulden, so Schnell. Befragt wurde laut der Staatsanwältin die schwerstverletzte Frau selbst, die sich nach ihrer Kopfverletzung an nichts erinnern konnte oder wollte. Zwei Leibwächter Gaddafis und ein Bekannter, der die Frau gefunden haben dürfte, wurden ebenfalls befragt. Alle drei sagen, sie hätten von dem mutmaßlichen Unfall nichts mitbekommen.

Gaddafi verließ schnell das Land

Laut der Wochenzeitung Falter schreibt im sogenannten Tagebuch der Ex-FPÖ-Politiker und Lobbyist Walter Meischberger unter Berufung auf den Haider-Vertrauten Franz Koloini: "'Unfall' bei einer Feier in Wien. Für 45 Millionen ist einem Medienunternehmer die Titelgeschichte weggekauft worden. Einem Nationalbanker wurde das eine oder andere Milliönchen bezahlt und einem Baumanager der Flug vergoldet." Gemeint ist der Flug von Saif Gaddafi weg aus Wien im Privatjet eines Bauunternehmers, nur wenige Stunden nach dem Vorfall bei seiner Villa.

Viele Fragen tauchen auf

Unter Polizisten, Verfassungsschützern und Journalisten kursieren nun verschiedene mögliche Varianten, was passiert sein könnte. Hat jemand die Frau beim Klettern vom Balkon aus weggestoßen? Wurde sie gestoßen? Hat sie sich selbst vom Balkon gestürzt, um zu fliehen? War sie womöglich eine Prostituierte, die von Gaddafis Leibwächtern geholt wurde?

Zeugen belasteten Saif Gaddafi nicht

Dass Gaddafi selbst zu alldem nicht befragt wurde, begründet Staatsanwaltschaftssprecherin Schnell damit, dass es wohl nichts gebrahct hätte: "Er befand sich zum Zeitpunkt der Ermittlungen im Ausland, wurde von keiner der befragten Personen strafbaren Handlung bezichtigt. Es konnte daher nicht davon ausgegangen werden, dass er sich selbst einer Tat bezichtigen würde." Auf die Frage, ob es nicht verdächtig sei, wenn man wenige Stunden nach so einem Vorfall überhastet das Land verließe, antwortet Schnell: "Die damaligen Ermittlungen ergaben, dass es sich um einen geschäftlichen Termin gehandelt haben könnte." Und zwar in Brüssel, so Schnell.

Gaddafi wurde nicht verschont

Hinweise darauf, dass auf die damals zuständigen Staatsanwälte Einfluss genommen wurde, gebe es nicht, sagt die Staatsanwaltschafts-Sprecherin. Es gibt im Ermittlungsakt keinen Hinweis darauf, dass Saif Gaddafi sanft behandelt worden sein könnte, um seinen Vater, den libyschen Staatschef, nicht zu verärgern. Eine Stellungnahme der libyschen Botschaft zu diesem Thema gibt es vorerst noch nicht.