Amtswechsel und Säbelrasseln

"Bruderstreit" Venezuela und Kolumbien

In Kolumbien findet am Samstag ein Machtwechsel statt. Alvaro Uribe, der acht Jahre lang das Land regierte, übergibt die Amtsgeschäfte an seinen Nachfolger Juan Manuel Santos. Überschattet wird der Regierungswechsel von einem erneuten Säbelrasseln zwischen Venezuela und Kolumbien.

Mittagsjournal, 07.08.2010

Vorwürfe zum Abgang

Der abtretende Präsident Alvaro Uribe warf dem venezolanischen Präsidenten vor, den FARC-Kämpfern auf venezolanischen Boden freies Gewähren zu erlauben. Ein Vorwurf, den Hugo Chavez vehement von sich weist.

"Einstiger Bruder ein Verräter"

Einst kämpften Venezuela und Kolumbien erfolgreich Schulter an Schulter gegen die spanischen Kolonialherren. Sie bildeten unter dem Namen Großkolumbien eine Nation, welche der venezolanische Befreiungskämpfer Simon Bolivar als Staatsoberhaupt anführte. Von dieser Einigkeit ist knapp 200 Jahre später nicht viel geblieben. Für Venezuelas Präsident Hugo Chavez ist der einstige Bruder Kolumbien ein Verräter, da er sich mit den USA und nicht mit Venezuela verbündet hat: "Wenn Kolumbien einen militärischen Angriff gegen Venezuela starten sollte, der vom amerikanischen Imperium aus unterstützt wird, werden wir den USA die Erdöllieferungen streichen, und wenn wir hier dann Steine essen müssen."

Vorwurf als Konter

Kolumbien hingegen sieht keinen Grund für jene Form der Dramatik und zeigt keinerlei Interesse daran, Venezuela militärisch anzugreifen. Im Gegenteil, es würde sich eher eine engere Kooperation wünschen, bei der Bekämpfung der revolutionären Streitkräfte FARC, die sich über ihren Drogenhandel mittlerweile weltweit finanzieren können. Sie sind der eigentliche Kern des Konfliktes. Kolumbiens Regierungssprecher betonte: "Kolumbien hat nie daran gedacht unseren Bruderstaat Venezuela anzugreifen, wie es der Präsident dieses Landes seinem Volk versucht zu vermitteln. Damit will er davon ablenken, dass sein Land nicht den Pflichten nachkommt, kolumbianische Terroristen an uns auszuliefern."

Vermittlungsversuche

Brasiliens Präsident Lula da Silva und der Vorsitzende der Südamerikanischen Vereinigung UNASUR Nestor Kirchner sind nach Caracas gereist, um in dem Konflikt zu vermitteln. Ein Konflikt, der womöglich auch nach dem Rücktritt von Alvaro Uribe weiter lodern wird, denn Chavez Sympathien für den neuen Staatschef von Kolumbien, Juan Manuel Santos, sind eher gering, so der Experte Moises Naim: "Man darf nicht vergessen, dass noch vor wenigen Wochen Chavez über Santos ähnlich ungeheure Dinge gesagt hat, wie über den Präsidenten Uribe, den er immer wieder aufs Neue beleidigte. Gleiches macht er mit Santos, und diese Beleidigungen werden weitergehen. Denn Chavez braucht aus innnpolitischen taktischen Gründen ein konfliktgeladenes Verhältnis mit Kolumbien und den USA."

Ansehen gefährdet

Hugo Chavez fällt es immer schwerer, seinem Volk die höchste Inflationsrate in der Region, die stagnierende Wirtschaft und die grassierende Korruption in der öffentlichen Verwaltung zu erklären. Sollte die Anwesenheit der FARC-Rebellen auf venezolanischem Boden offiziell bestätigt werden, würde Hugo Chavez Ansehen in Venezuela weiterhin sinken.