Länder - Ministerium: Aussage gegen Aussage
Verwirrung um Lehrerkompetenzen
Im Streit um die Lehrerkompetenzen steht es nun Aussage gegen Aussage: Im Unterrichtsministerium bestreitet man, dass in der Regierung vereinbart sei, die Lehrer-Zuständigkeit zur Gänze an die Länder zu verlagern. Das hatte aber der Vorsitzende der Landeshauptleute, Niederösterreichs Erwin Pröll (ÖVP) im Ö1 Morgenjournal betont.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 12.08.2010
Keine Bestätigungen
Die Bundesländer würden künftig für alle Lehrer zuständig sein - und zwar alleine. Mit dieser Aussage hat heute der Vorsitzende der Landeshauptleute Erwin Pröll im Morgenjournal aufhorchen lassen. Damit steht Pröll im Widerspruch zu Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ). Sie will die Schulkompetenz nämlich komplett beim Bund ansiedeln, und das ist laut Unterrichtsministerium auch in der Regierung abgestimmt. Aber auch Erwin Pröll beruft sich auf die Regierung, und zwar auf Gespräche mit Bundeskanzler und Vizekanzler. Eine Bestätigung dafür gibt es heute allerdings nicht. Und für das Unterrichtsministerium sind Prölls Aussagen nur die Position Niederösterreichs. Es steht also Aussage gegen Aussage.
Widersprüche allerorten
In einer Aussendung des Unterrichtsministeriums heißt es, dies entspreche weder den Beratungen des Verfassungsausschusses, noch den Empfehlungen des Rechnungshofes, noch der Bundespositionierung - Erwin Pröll hat das heute in der Früh allerdings ganz anders gesehen. Der Ministerin fehle offenbar der Durchblick, so Erwin Pröll im Ö1 Morgenjournal
Beim Bund sollen künftig nur mehr Grundsatzkompetenz in Schulfragen liegen wie einheitliche Bildungsstandards.
Das sieht das Bildungsministerium ganz anders: Es mache keinen Sinn, dass das intransparente und vom Rechnungshof und vom Finanzministerium oftmals kritisierte System der Landeslehrerverwaltung über die effiziente Bundesverwaltung gelegt werde, heißt es in der Aussendung weiter.
Fix ist nichts
Ein Interview dazu mit Bildungsministerin Claudia Schmied gibt es heute aber nicht, sie befindet sich im Urlaub. Aus dem gleichen Grund nicht erreichbar sind auch Kanzler und Vizekanzler. Aus den Büros der beiden werden die Gespräche mit Erwin Pröll zur Schulreform aber bestätigt. Fix mit dem Niederösterreichische Landeshauptmann ausgemacht, sei allerdings nichts, heißt es von der Sprecherin von Bundeskanzler Werner Faymann. So bald ein mit allen Landeshauptleuten akkordierter Vorschlag vorliege, werde dieser in allen Details geprüft. Das bestätigt auch SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Laura Rudas.
Bündelung "sinnvoll"
Auch der Sprecher von Vizekanzler und Finanzminister und Josef Pröll bestätigt, es gebe bisher keine Einigung, im Herbst werde ein Gesamtpaket verhandelt. Eine Bündelung der Schulkompetenzen sei aber in jedem Fall sinnvoll, heißt es aus dem Büro des Vizekanzlers. Wo gebündelt werden soll, bleibt damit offen. Ein Dementi, dass die Länder alle Lehrer-Kompetenzen bekommen sollen, gibt es aber auch nicht.
Zweierlei Lehrer
Über diese Fragen wird schon seit vielen Jahren diskutiert, schließlich geht es neben der Kompetenzfrage auch um viel Geld: Sechs Milliarden Euro ist das Budget für alle Lehrer, die eine Hälfte davon verwalten im Moment die Länder, die andere verwaltet der Bund. Die Lehrer an Gymnasien und an berufsbildenden mittleren und höheren Schulen sind nämlich Bundeslehrer, die rund 43.000 AHS oder HAK-Lehrer werden also vom Bund angestellt. Pflichtschul-Lehrer sind hingegen Landeslehrer, der Dienstgeber von Volks, Haupt- oder Berufsschullehrern ist damit das jeweilige Bundesland - bezahlt werden auch diese rund 77.000 Lehrer aber fast vollständig vom Bund. Das Prinzip, wer zahlt schafft an, stimmt also für einen Großteil der Lehrer nicht, außerdem gibt es für die zwei unterschiedlichen Lehrertypen nicht nur unterschiedliche Dienstgeber, sondern auch unterschiedliche Dienstrechte und auch die Ausbildung ist unterschiedlich.
Widersprüche über Parteigrenzen hinweg
Auch aus den Bundesländern gibt es widersprüchliche Stellungnahmen. Die Salzburger Landeshauptfrau Gabi Burgstaller (SPÖ) will von einer Einigung der Länder in Sachen Lehrerkompetenz nichts wissen. In die Richtung des niederösterreichischen Landeshauptmannes Erwin Pröll (ÖVP) meint Burgstaller: "Ich weiß nicht, was ihn zu dieser Phantasie gebracht hat." Auch inhaltlich stimme sie keineswegs überein, so Burgstaller.
Anders sieht das der burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl (ebenfalls SPÖ): Er unterstütz die Position Prölls und verweist auf einen Beschluss der Landeshauptleute. Inhaltliche Unterstützung für Pröll gibt es auch aus Kärnten und aus den ÖVP-regierten Bundesländern. Der Landeshauptmann von Vorarlberg, Herbert Sausgruber (ÖVP), sagt: "Die Vorstellung ist mit uns akkordiert, wir unterstützen den Vorschlag."
Burgstaller vs. Niessl
Abendjournal, 12.08.2010,
Opposition: "Management by Chaos"
Kritik am Lehrerstreit kommt von der Opposition: FPÖ-Bildungssprecher Walter Rosenkranz spricht von einer "Sommertheater-Posse", BZÖ-Bildungsprecherin Ursula Haubner ortet "Management by Chaos" und warnt vor einer endgültigen Zersplitterung der Lehrerkompetenzen. Die Grünen wenden sich gegen eine "Provinzialisierung".
Mittagsjournal, 12.08.2010
Gegen "Provinzialisierung"
Eine "Sommertheater Posse" sei die Aussage von niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll, alle Lehrer zu Landeslehrern machen zu wollen, das meint heute FPÖ-Bildungssprecher Walter Rosenkranz in einer Aussendung. Eine rasche Stellungnahme von Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) sei aus seiner Sicht notwendig um zu klären, wer recht hat - Erwin Pröll oder Bildungsministerin Claudia Schmid.
Eine klare Absage an Landeshauptmann Erwin Pröll kommt auch vom BZÖ. Bildungssprecherin Ursula Haubner fordert ein einheitliches Bundeslehrer Dienstrecht und warnt vor einer - wie sie sagt - Zersplitterung der Lehrerkompetenzen. Die Aussagen von Erwin Pröll sind für Ursula Haubner "aufklärungswürdig".
Der Bildungssprecher der Grünen, Harald Walser, kritisiert, dass der parteipolitische Hickhack im Bildungsbereich nur Eltern, Lehrkräften und Schülern schaden würde. Er fordert, dass die Verantwortung im Bildungsbereich endlich an die Schulen selbst gehen soll, der Dauerstreit zwischen Bildungsministerin Schmid und den Ländern seien kontraproduktiv, so Walser.
Die Grünen sprechen sich ebenfalls deutlich gegen die Aussagen von Landeshauptmann Pröll aus, das Schulwesen zu "provinzialisieren".