Kürzungen für Großbetriebe?
Debatte um Agrarförderung
Die SPÖ will bei allen Wirtschaftsförderungen sparen, auch bei jenen für die Bauern. Der Aufdeckerjournalist Hans Weiss kritisiert die Verteilung der Agrarsubventionen als ungerecht. Für den Präsidenten des ÖVP-Bauernbundes, Fritz Grillitsch, ist das Hetze gegen die Bauern. Ex-Agrarkommissar Franz Fischler hält Kürzungen für Großbetriebe zumutbar.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 31.08.2010
"Mindestsicherung für Reiche"
Nur ein kleiner Teil der 2,2 Milliarden Euro Agrarföderungen pro Jahr komme bei den kleinen Bauern an, sagt Autor Hans Weiss in seinem "Schwarzbuch Landwirtschaft" und verlangt, dass die Förderungen für Agrarkonzerne radikal gekürzt werden. Weiss spricht von Korruption auf höchster Ebene und nennt die Bergbauernförderung eine "Mindestsicherung für Reiche", weil auch Millionäre wie die Familien Meinl, Swarovski oder Mateschitz in den Genuss dieser Subventionen kommen.
Bauernbund: "bösartige Hetze"
Diese Vorwürfe kann Bauernbundpräsident Fritz Grillitsch nicht nachvollziehen: In Österreich würden bäuerliche Familienbetriebe vorbildlich unterstützt. Das sei "bösartige Hetze von einem Autor und insbesondere auch von der SPÖ". Das sei die Fortsetzung der Diskussion dieses Sommers, in der die SPÖ versuche, die Bauern auseinanderzudividieren in groß und klein.
Das System in Österreich sei gerecht, betont Bauernbundchef Grillitsch und es sei auch gerecht, dass Millionäre Umweltförderungen bekommen. Ihre Betriebe beteiligten sich auch an Umweltprogrammen, und Umweltleistungen seien "nicht sozial staffelbar".
SPÖ gegen Subvention für Stiftungen
Der Agrarsprecher der SPÖ, Kurt Gassner kann in Österreich hingegen keine Fördergerechtigkeit erkennen, ganz im Gegenteil: kleine und mittlere Betriebe würden der Reihe nach zusperren und die arbeitslos gewordenen Bauern würden den Arbeitsmarkt zusätzlich belasten. Gassner ist dafür, dass Privatstiftungen keine Subventionen bekommen dürfen und dass es Förderobergrenzen geben sollte.
Änderung nach 2013
Diese gibt es schon, hält Bauernbundpräsident Grillitsch entgegen. Ab einer Fördersumme von 5.000 Euro steigen die Zahlungen immer langsamer. Das sei von der EU vorgegeben und könne von Österreich derzeit nicht geändert werden, betont Grillitsch. Für die Zeit nach 2013 wird es aber neue Förderregeln in Europa geben: Da werde man dann auch über stärkere Degressionen diskutieren und versuchen, einen europäischen Konsens zu finden.
Gespart werden müsse auch in der Landwirtschaft, sagt Grillitsch, aber nicht bei den Bauerneinkommen, sondern bei der Verwaltung, bei Bürokratie und Kontrolle.
Förderungen oben "abschneiden"
Ex-Agrarkommissar Franz Fischler im Morgenjournalgespräch am 31.08.2010 mit
"Neidkomplex kein guter Ratgeber"
Der ehemalige EU-Landwirtschaftskommissar Franz Fischler stimmt dem Anliegen des "Schwarzbuchs Landwirtschaft" im Prinzip zu: Mehr Fördergerechtigkeit zu schaffen sei ein richtiges Anliegen, und da sei auch einiges zu tun, so Fischler im Ö1-Morgenjournal-Interview. Das "Schwarzbuch" sei aber nicht hilfreich, weil es an den Neidkomplex appelliere und der sei ein schlechter Ratgeber. Auseinanderhalten müsse man Förderungen für Bauern und Subventionen für die Lebensmittelindustrie, damit sie europäische Rohstoffe verwendet. Das "Schwarzbuch" werfe aber alles in einen Topf und tue damit "einer notwendigen Diskussion über mehr Gerechtigkeit keinen guten Dienst".
Großen sind Kürzungen "zumutbar"
Er selbst sei zweimal beim Versuch gescheitert, die Förderungen "oben abzuschneiden" - zuletzt 2003 am deutschen Kanzler Schröder und am britischen Premier Blair. Eine "Degression" bei den Förderungen wäre jedenfalls "die richtige Methode". Größen Betrieben könnte man durchaus gewisse Kürzungen zumuten, so Fischler. Dass dann Lebensmittel teurer würden, glaubt er nicht.
Ungerechtigkeiten "abschalten"
Der Vorschlag Fischlers: Dass die Superreichen Förderungen bekommen, wäre abschaltbar. Denn seit heuer könnten die EU-Staaten selbst Regelungen treffen, dass jene, die ihre Haupteinkommen aus anderen Quellen als der Landwirtschaft beziehen, von Förderungen ausgenommen werden. Anders sei das bei den Großbetrieben: Das sei tatsächlich erst ab 2013 neu zu regeln. "Und ich hoffe, das wird auch neu geregelt."
Mittagsjournal, 31.08.2010
"Kleinbäuerliche Struktur erhalten"
Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich (ÖVP) lehnt den Vorschlag Fischlers ab, an Bauern, die ihr Haupteinkommen nicht in der Landwirtschaft verdienen, keine Betriebsprämien zu bezahlen. Berlakovich meint, das würde vor allem kleine Nebenerwerbsbauern treffen. Daher "machen wir das nicht, weil wir die kleinbäuerliche Struktur erhalten wollen", sagt der Minister. Er verteidigt auch, dass damit auch Magna-Chef Wolf, der mit Abstand am besten verdienende Manager Österreichs, für seinen 80 Hektar Betrieb in Niederösterreich jährlich 21.000 Euro Agrarförderung als Direktzahlung erhält. Die erhalte er, weil er Umweltleistungen erbringe. Darüber hinaus sei man aber in der Diskussion, Förderobergrenzen einzuziehen, so Berlakovich. Änderungen bei den Förderobergrenzen werde es aber erst nach 2013 geben, wenn die neuen Regeln für die EU-Agrarpolitik gelten.