Lage wurde noch komplizierter
Auftakt für Friedensgespräche
Trotz eines Anschlags der Hamas im Westjordanland sollen die Nahost-Friedensgespräche in Washington wie geplant stattfinden. Das erste Gespräch zwischen Ministerpräsident Netanyahu und Palästinenserpräsident Abbas ist für Donnerstag angesetzt. Bereits heute (Mittwoch) kommen beide getrennt mit US-Präsident Obama zusammen. Beobachter erwarten schwierige Verhandlungen.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 01.09.2010
Kein Erfolg ohne Iran-Lösung
Bei den bisherigen Nahostgesprächen sei trotz US-Vermittlung bisher nicht viel Substanzielles herausgekommen, sagt der norwegische Nahostspezialist Terje Rød-Larsen. Nichts deute darauf hin, dass sich die Parteien diesmal auf einen Kompromiss einigen können. Im Vergleich zu den Verhandlungen vor dem Oslo-Abkommen Anfang der 1990er Jahre sei die Lage noch komplizierter geworden. Eine rein bilaterale Lösung zwischen Israelis und Palästinensers wie damals sei heute kaum noch denkbar. Der Konflikt sei heute eingebettet in Konflikte der gesamten Region, vor allem das Iran-Problem müsste zugleich gelöst werden.
US-Einfluss mit Grenzen
Dass Israelis und Palästinenser trotz allem wieder verhandeln, ist vor allem auf das starke Engagement der USA zurückzuführen. Die USA seien die unverzichtbare dritte Partei, ohne sie könne es kein Abkommen geben, so Rød-Larsen. Aber erzwingen könnten auch die USA nichts, und US-Präsident Obama müsse vor den Kongresswahlen auf die heimischen Wählergruppen achten. Und da habe die jüdische Gemeinschaft in den USA großen Einfluss.
Israelische Innenpolitik
Der norwegische Nahostexperte sieht nur eine Möglichkeit für eine Annäherung: einen Abtausch von Ansprüchen, was Jerusalem betrifft, gegen Forderungen bei der Flüchtlingsrückkehr. "Aber das ist extrem schwierig, vor allem bei der aktuellen Koalition in Israel." Denn die rechten Koalitionspartner von Premier Netanyahu könnten seine Regierung nämlich stürzen, wenn sich Netanyahu zu nachgiebig zeigt. Palästinenserpräsident Abbas habe wiederum nur im Westjordanland reale Macht, während der Gaza-Streifen von der Hamas regiert wird, die die Friedensgespräche ablehnt.
Letzte Hürde Hamas
Kann Abbas aber ein Abkommen aushandeln, so sieht Rød-Larsen immerhin doch Möglichkeiten, den Widerstand der Hamas zu umgehen. Abbas werde sich dann an die Hamas wenden und eine Volksabstimmung oder Wahlen fordern.
"Bewundernswert, aber riskant"
Dass die USA einen Zeitraum von einem Jahr für die Verhandlungen festgelegt haben, findet Rød-Larsen nicht gut. Damit wecke man Hoffnungen, die man enttäuscht, wenn man die Frist nicht einhalten kann. Und die Gewalt-Befürworter würden dann einen Sieg davontragen. So sei das nach den gescheiterten Camp-David-Verhandlungen unter US-Präsident Bill Clinton passiert - und die zweite Intifada ausgebrochen. "Dass man jetzt die Friedenverhandlungen beleben will, ist höchst bewundernswert. Aber auch extrem riskant, falls das Ganze scheitert."
Erfahrener Nahost-Diplomat
Terje Rød-Larsen hat Anfang der 1990er-Jahre eine Schlüsselrolle bei den Geheimverhandlungen gespeilt, die dann zum Oslo-Abkommen geführt haben. Für die UNO war er "Sonderkoordinator in den besetzten Gebieten" und 1999 persönlicher Vertreter des Generalsekretärs Kofi Annan bei der PLO und der Palästinensischen Autonomiebehörde im Westjordanland und im Gaza-Streifen. Rød-Larsen ist auch Präsident des Internationalen Friedensinstituts (IPI) in New York und hat am Forum Alpbach teilgenommen.
Anschlag vor Dialogbeginn
Kurz vor der geplanten Wiederaufnahme von Nahost-Friedensverhandlungen hat ein Anschlag auf Israelis im Westjordanland, bei dem vier Israelis getötet wurden, die Hoffnung auf einen Erfolg gedämpft. Der oder die Angreifer hatten aus einem Versteck das Feuer auf die Israelis eröffnet, die in einem Auto unterwegs waren.
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