Lage wurde noch komplizierter

Auftakt für Friedensgespräche

Trotz eines Anschlags der Hamas im Westjordanland sollen die Nahost-Friedensgespräche in Washington wie geplant stattfinden. Das erste Gespräch zwischen Ministerpräsident Netanyahu und Palästinenserpräsident Abbas ist für Donnerstag angesetzt. Bereits heute (Mittwoch) kommen beide getrennt mit US-Präsident Obama zusammen. Beobachter erwarten schwierige Verhandlungen.

Mittagsjournal, 01.09.2010

Kein Erfolg ohne Iran-Lösung

Bei den bisherigen Nahostgesprächen sei trotz US-Vermittlung bisher nicht viel Substanzielles herausgekommen, sagt der norwegische Nahostspezialist Terje Rød-Larsen. Nichts deute darauf hin, dass sich die Parteien diesmal auf einen Kompromiss einigen können. Im Vergleich zu den Verhandlungen vor dem Oslo-Abkommen Anfang der 1990er Jahre sei die Lage noch komplizierter geworden. Eine rein bilaterale Lösung zwischen Israelis und Palästinensers wie damals sei heute kaum noch denkbar. Der Konflikt sei heute eingebettet in Konflikte der gesamten Region, vor allem das Iran-Problem müsste zugleich gelöst werden.

US-Einfluss mit Grenzen

Dass Israelis und Palästinenser trotz allem wieder verhandeln, ist vor allem auf das starke Engagement der USA zurückzuführen. Die USA seien die unverzichtbare dritte Partei, ohne sie könne es kein Abkommen geben, so Rød-Larsen. Aber erzwingen könnten auch die USA nichts, und US-Präsident Obama müsse vor den Kongresswahlen auf die heimischen Wählergruppen achten. Und da habe die jüdische Gemeinschaft in den USA großen Einfluss.

Israelische Innenpolitik

Der norwegische Nahostexperte sieht nur eine Möglichkeit für eine Annäherung: einen Abtausch von Ansprüchen, was Jerusalem betrifft, gegen Forderungen bei der Flüchtlingsrückkehr. "Aber das ist extrem schwierig, vor allem bei der aktuellen Koalition in Israel." Denn die rechten Koalitionspartner von Premier Netanyahu könnten seine Regierung nämlich stürzen, wenn sich Netanyahu zu nachgiebig zeigt. Palästinenserpräsident Abbas habe wiederum nur im Westjordanland reale Macht, während der Gaza-Streifen von der Hamas regiert wird, die die Friedensgespräche ablehnt.

Letzte Hürde Hamas

Kann Abbas aber ein Abkommen aushandeln, so sieht Rød-Larsen immerhin doch Möglichkeiten, den Widerstand der Hamas zu umgehen. Abbas werde sich dann an die Hamas wenden und eine Volksabstimmung oder Wahlen fordern.

"Bewundernswert, aber riskant"

Dass die USA einen Zeitraum von einem Jahr für die Verhandlungen festgelegt haben, findet Rød-Larsen nicht gut. Damit wecke man Hoffnungen, die man enttäuscht, wenn man die Frist nicht einhalten kann. Und die Gewalt-Befürworter würden dann einen Sieg davontragen. So sei das nach den gescheiterten Camp-David-Verhandlungen unter US-Präsident Bill Clinton passiert - und die zweite Intifada ausgebrochen. "Dass man jetzt die Friedenverhandlungen beleben will, ist höchst bewundernswert. Aber auch extrem riskant, falls das Ganze scheitert."

Anschlag vor Dialogbeginn

Kurz vor der geplanten Wiederaufnahme von Nahost-Friedensverhandlungen hat ein Anschlag auf Israelis im Westjordanland, bei dem vier Israelis getötet wurden, die Hoffnung auf einen Erfolg gedämpft. Der oder die Angreifer hatten aus einem Versteck das Feuer auf die Israelis eröffnet, die in einem Auto unterwegs waren.

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