Fortschritt, aber kein großer Wurf

Expertenkritik an neuem Asylamt

Neben strengeren Regeln für Asylwerber im Erstaufnahmezentrum haben sich SPÖ und ÖVP auch auf die Schaffung eines Bundesamtes für Asyl und Migration (BAM) geeinigt. Damit sollen Verfahren einheitlich und auch effizienter werden. Vorbild dafür ist unter anderem Deutschland - aber um dessen Standard zu erreichen, sei ein großer Schritt notwendig, sagen Migrationsforscher.

Morgenjournal, 08.09.2010

Dutzende Behörden befasst

Derzeit beschäftigen sich 113 Behörden in Österreich mit der Zuwanderungskontrolle. Fremdenrecht und Niederlassungsrecht werden in erster Instanz von 84 Bezirkshauptmannschaften, 14 Magistraten und 14 Bundespolizeidirektionen vollzogen, das Bundesasylamt wiederum vollzieht erstinstanzlich das Asylrecht.

Mehr Kompetenz

Und aus diesem Bundesasylamt soll auch das neue Bundesamt für Asyl und Migration hervorgehen, das dann den gesamten Vollzug in unmittelbarer Bundesverwaltung - wohl mit eigenen Außenstellen - übernehmen wird. Dadurch soll der Vollzug nicht nur effizienter, sondern vor allem einheitlich werden. Weil dann Spezialisten des neuen Bundesamtes für Asyl und Migration die Zuwanderungskontrolle vollziehen und nicht mehr Beamte in der Bezirksverwaltung, die auch noch andere Aufgaben haben. Der Migrationsforscher Bernhard Perchinig würde es als Fortschritt sehen, wenn dann tatsächlich fachkompetente, gut geschulte Beamte die Asylfragen bearbeiten.

Falsches Ressort?

Die Dienstaufsicht und die Fachaufsicht soll so wie beim Bundesasylamt jetzt schon auch für das neue erweiterte Bundesamt beim Innenministerium liegen. Das war die Bedingung der ÖVP, sonst hätte sie dem Vorhaben nicht zugestimmt. Für NGO-Vertreter ist genau das der Kritikpunkt: Das sei das falsche Ressort, um ein solches Bundesamt zu beheimaten, heißt es. Doch für den Migrationsexperten Perchinig ist das nicht der Punkt. Vielmehr komme es darauf an, wie viel Spielraum die neue Behörde habe, wie transparent sie agieren könne - "Wie schafft sie sich Anerkennung als Expertenorganisation und nicht als administrative Organisation."

Brückenschlag wäre wichtig

So gehöre auch das deutsche Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in Nürnberg zum Innenministerium, so Perchinig. Und das BAMF habe einen ganz ausgezeichneten Ruf. Nicht zuletzt deshalb, weil dort Zuwanderungskontrolle und Integration als Einheit gesehen würden. In Deutschland und auch in der Schweiz habe man die Stellen, die sich mit Zuwanderungskontrolle einerseits und Integration andererseits befassten, zusammenbringen wollen, so Bernhard Perchinig. Dieser Brückenschlag wäre auch für Österreich extrem wichtig, so der Migrationsforscher. In den Überlegungen der Regierungsparteien stehe das aber leider nicht im Vordergrund.