Merkel: Recht auf freie Meinungsäußerung
Ehrung für Mohammed-Karikaturisten
Vor fünf Jahren sorgten die Karikaturen des Propheten Mohammed in der dänischen Zeitung "Jyllands-Posten" für Aufregung. Proteste und Todesdrohungen waren die Folge. Kurt Westergaard (75) lebt seither unter Polizeischutz. Nun erhielt Westergaard einen deutschen Medienpreis. Bundeskanzlerin Angela Merkel betonte dort das Recht auf freie Meinungsäußerung per Karikatur.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 09.09.2010
Mohammed mit Bombenturban
Streng abgeschirmt durch ein Großaufgebot an Polizei waren sie im edlen Ambiente der Orangerie von Schloss Sanssouci versammelt: hochrangige Medienmacher, Herausgeber, Chefredakteure Mitglieder des Gremiums, das den M100 Medienpreis vergibt - an eine Person, die Spuren hinterlassen hat, wie in der Ausschreibung heißt. Und der dänische Karikaturist Kurt Westergaard hat das zweifellos getan. Er hat den Propheten Mohammed abgebildet, ein Tabu in der islamischen Welt, er hat ihn in einer Karikatur mit einer Bombe auf dem Kopf dargestellt, mit der Zündschnur, die aus dem Turban ragt. Ein Aufruhr, zum Teil auch staatlich geschürt, in vielen islamischen Staaten war die Folge, und der Zeichner Kurt Westergaard wurde zur Zielscheibe. Nur kapp konnte er zum Jahresbeginn retten, als ein Fanatiker in sein Haus einbrechen wollte, um ihn zu töten.
"In Europa dürfen Zeichner das"
Jetzt hält die Bundeskanzlerin persönlich die Hauptrede bei der Preisverleihung an Kurt Westergaard. Und sie stellt klar, dass sie nicht direkt Kurt Westergaards Zeichnung verteidigt, aber dass sie vehement sein Recht verteidigt, so zu zeichnen, wie er will. "Europa ist ein Ort, in dem ein Zeichner so etwas zeichnen darf." Angela Merkel spannt den Bogen noch weiter, spricht von Toleranz, die Wachsamkeit mit einschließt. "Die Toleranz ist ihr eigener Totengräber, wenn sie sich nicht vor Intoleranz schützt. Religionsfreiheit meint nicht, dass die Scharia über dem Grundgesetz steht. Toleranz meint nicht Wegsehen oder das Messen mit zweierlei Maß. Und Respekt bedeutet nicht Unterwerfung."
Kritik an Merkel-Auftritt
Schon im Vorfeld hatte Aiman Mazyek vom Zentralrat der Muslime in Deutschland Kritik am Auftritt Angel Merkels bei der Ehrung für den Karikaturisten Westergaard geübt. "Unseren Propheten Mohammed als Terroristen zu karikieren, ist sicher problematisch und ambivalent."
Zeichen der Integration
Der Preisträger Kurt Westergaard selbst hatte bei aller Kritik, dem Islam gegenüber, auch eine Art Versöhungsangebot jedenfalls an die dänischen Muslime dabei. "Indem wir Euch und Eure Religion genauso unbarmherzig karikieren wie etwa die dänische Königin, zeigen wir, dass Ihr dazugehört", meinte er.
Gegen Koran-Verbrennung
In einem Punkt waren sich Angela Merkel und Kurt Westergaard an diesem Tag völlig. Einig. Die von einem radikalen Pastor in den USA geplante Verbrennung des Korans habe mit Meinungsfreiheit nichts zu tun. Sie sei keine Provokation zum Nachdenken, sagt Westergaard. Sie sei abstoßend, sagt Angela Merkel.
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