EU-Kommissarin über Abschiebungen verärgert

Roma: Verfahren gegen Paris

Die EU-Kommission leitet ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Frankreich wegen der Roma-Abschiebungen ein. Grundrechtskommissarin Viviane Reding hat dies Dienstagmittag bekanntgegeben. Frankreich verstoße in mehrerlei Hinsicht gegen EU-Recht, indem es Roma massenhaft ausweist, so die Ansicht der Kommissarin.

Mittagsjournal, 14.09.2010

"Genug ist genug"

Eine Entscheidung werde die Kommission in den nächsten beiden Wochen erarbeiten, sagte die EU-Justizkommissarin. Dabei geht es um die Diskriminierung nach der Freizügigkeitsrichtlinie. Reding kommentierte das Verhalten Frankreichs mit scharfen Worten: "Genug ist genug" und sie sei "tief schockiert". "Kein EU-Land kann eine spezielle Behandlung erwarten, wenn fundamentale Werte auf dem Prüfstand stehen". Reding versicherte: "Sie können auf mich zählen". Verärgert zeigte sie sich über das Verhalten der französischen Regierung. Es könne nicht sein, dass ein Teil der Regierung nach Brüssel komme und Behauptungen aufstelle und der andere Teil "macht das Gegenteil in Paris".

Reaktion auf Kritik

Es ist die erste, wirklich deutliche Reaktion der EU-Kommission auf die Massenausweisungen der Roma, die seit dem Sommer in Frankreich einen neuen Höhepunkt erreicht haben. Rund 8.000 Menschen sind mehr oder weniger freiwillig zurück in ihre vermeintliche Heimatländer Bulgarien oder Rumänien geschickt worden. Erst vergangene Woche hat das EU-Parlament eine Roma-Resolution verabschiedet, und damit die Ausweisungen heftig kritisiert. Kritisiert wurde dabei auch die EU-Kommission wegen ihrer laschen Reaktion an Frankreichs Ausweisweisungpolitik. Diese lasche Haltung hat Viviane Reding mit ihrer nunmehrigen Ansage wohl beendet.

Paris: Ausweisungen gehen weiter

Der französische Immigrationsminister, der am Dienstag auch in Brüssel ist, reagiert entspannt auf die Drohung Redings. Die Ausweisungen, so Eric Besson passieren nicht aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit. Und würden deshalb auch fortgesetzt.

Abendjournal, 14.09.2010

"Keine Polemik"

Offiziell hat sich Frankreich "erstaunt" über die Kritik der EU-Kommission wegen der Ausweisung von Roma geäußert. Die Regierung in Paris wolle sich jedoch jeglicher "Polemik" enthalten, hieß es am Dienstag in einer Erklärung des Außenministeriums. "Wir denken nicht, dass wir mit derartigen Äußerungen das Los und die Situation der Roma verbessern können, die im Zentrum unserer Sorgen und Handlungen stehen", betonte Außenamtssprecher Bernard Valero.

Zu den von der EU-Justizkommissarin Viviane Reding angekündigten Verfahren gegen Frankreich wegen Verletzung des EU-Vertrages sagte er: "Es ist jetzt nicht an der Zeit für Polemik, für derartige Erklärungen; es ist an der Zeit, zugunsten der Roma tätig zu werden."