Erstmalig in Geschichte

Schweden: Konservative hoffen auf Wiederwahl

Schweden wählt am Sonntag ein neues Parlament. Die Wahl ist außergewöhnlich, denn erstmals in der schwedischen Geschichte könnte einer konservativen Regierung die Wiederwahl gelingen. Alle bisherigen konservativen Perioden – in fast hundert Jahren waren es gerade drei – haben sich stets als wenig erfolgreiche kurze Zwischenspiele erwiesen.

Morgenjournal, 19.09.2010

Gutes Krisenmanagement

Schweden, so schien es bisher, kann nur von Sozialdemokraten gut regiert werden. Premierminister Frederik Reinfeldt hat das ernst genommen und seine Vier-Parteien-Allianz in die politische Mitte bewegt – und so vor vier Jahren die Sozialdemokraten überraschend von der Macht verdrängt. Dank gesunder Staatsfinanzen und gutem Krisenmanagement der Regierung Reinfeldt hat Schweden die Wirtschaftskrise besser als alle anderen EU-Staaten überstanden. Laut Umfragen haben die Wähler vor, das großzügig zu belohnen.

Mittagsjournal, 18.09.2010

Arbeitslosigkeit geht kaum zurück

Nach der Krise wächst die Wirtschaft zwar wieder, aber nur langsam. Eine Ausnahme ist Schweden: 4,5 Prozent Wachstum werden erwartet, eine Folge einer konsequenten Wirtschaftspolitik. Der dunkle Fleck in dem rosigen Bild ist der Arbeitsmarkt, der vom Wachstum bisher nicht profitiert hat.

Wahlversprechen Steuersenkungen

Wenn ein europäisches Land mit Geschmeidigkeit die Wirtschaftskrise gemeistert hat, dann ist das das Nicht-Euro-Land Schweden. Aus einer schweren Rezession im Vorjahr zieht die schwedische Wirtschaft derzeit wieder kräftig vorwärts und wächst so schnell wie seit Jahren nicht mehr. 4,5 Prozent Wachstum sind für dieses Jahr prognostiziert, das höchste in Europa. Deutschland – wie Schweden stark exportorientiert – erwartet drei Prozent. Und während im übrigen Europa Sparpakete verordnet werden, verspricht die konservative Regierung von Premier Reinfeldt Steuersenkungen für fast alle, wenn sie am kommenden Sonntag wiedergewählt wird. Und es sieht ganz danach aus. Aber es gibt einen Schandfleck in der ganzen Herrlichkeit, auf den zu zeigen die rotgrüne Opposition nicht müde wird: 8,5 Prozent Arbeitslosigkeit - trotz des rasanten Wachstums.

Morgenjournal, 17.09.2010

Gesunde Staatsfinanzen

Vor 20 Jahren, Anfang der 1990er-Jahre, lag Schweden am Boden, mit einem zweistelligen Budgetdefizit und hohen Schulden, Firmenpleiten und einem Krach des Immobilienmarktes. Der Sozialdemokrat Goran Persson riss das Ruder herum, reformierte den teuren Wohlfahrtssaat und sanierte die Finanzen. Aus der Krise damals haben die Schweden gelernt, sagt Stefan Fölster, Chefökonom des schwedischen Unternehmerverbandes. Seit dem fordern die Wähler gesunde Staatsfinanzen, die normalerweise einen Überschuss aufweisen, sagt Fölster.

Hohe Arbeitslosigkeit

Mit einer strengen Haushaltsdisziplin, mit Steuersenkungen und moderaten Einschnitten in den Wohlfahrtsstaat habe die bürgerliche Regierung die jüngste Krise sehr gut gemeistert, sagt der Ökonom. Doch das sehen nicht alle so: Lena Westerlund, Chefökonomin des Dachverbandes der Gewerkschaften, verweist auf den Arbeitsmarkt: Die Arbeitslosenrate liegt über acht Prozent, zwei Prozent plus in vier Jahren, Tendenz steigend. Die Jugendarbeitslosigkeit ist extrem hoch und die Langzeitarbeitslosigkeit wächst besorgniserregend.

Tendenz immerhin sinkend

In der Zentrale der Arbeitsmarktvermittlung hat Fredrik Möller die jüngsten Daten: 7,4 Prozent Arbeitssuchende im August, Tendenz – laut Möller - sinkend: "Und zwar schneller als wir gedacht haben. Die befürchteten Spitzen haben wir gar nie erreicht, neun Prozent war das höchste, jetzt geht es langsam zurück." Die starke Zunahme zuvor erklärt der Arbeitsmarktexperte so: Eine Gruppe seien die Entlassenen der Krise, viele Junge, weil in Schweden als erster gefeuert wird, wer zuletzt gekommen ist. Eine zweite Gruppe ist die Babyboomer-Generation der 1980/90er, die nun verstärkt auf den Arbeitsmarkt dränge. Und die dritte Gruppe sind mindestens 50.000 Langzeitkranke, die die Regierung durch verschärfte Bedingungen zur Arbeitssuche gezwungen hat.

Wachstum noch mit alter Belegschaft

Schwedens Wirtschaft wächst seit längerem wieder, warum gehen die Arbeitslosenzahlen nicht schneller zurück? "Wir nennen es 'jobless growth'. Das heißt, die Unternehmen arbeiten gut, aber solange die zeiten nicht sicherer sind, wagen sie es nicht, neue Leute einzustellen. Sie arbeiten – effizienter - mit den vorhandenen, bis sie neue einstellen müssen." Und dies sei in den kommenden Jahren zu erwarten, sagt Möller.

Jobs nicht für alle

Aber auch Schweden verändert sich. Technologie und Dienstleistungssektor wachsen und schaffen neue Jobs, allerdings nicht für wenig qualifizierte Menschen. Für sie – viele Junge, viele Migranten und ältere Arbeiter – wird auch die Zukunft nicht mehr Jobs bringen, weil längst auch die schwedischen Unternehmen lieber dort produzieren, wo es billiger ist.