Ein Schritt in Richtung Nachhaltigkeit
Hochhäuser aus Holz
Holz ist ein vorteilhaftes, jedoch noch immer weitgehend unterschätztes Baumaterial. Aus Holz gebaute, niedrige Häuser am Land gibt es viele - aber Hochhäuser aus Holz in der Stadt? Was wie eine utopische Idee klingen mag, könnte tatsächlich bald umgesetzt werden.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 21.09.2010
Utopie Holz-Wolkenkratzer?
Nicht erst seit die Marktpreise gestiegen sind, machen sich Architekten und Bauunternehmer Gedanken über Alternativen zu Beton und Stahl. Die Bestrebungen, Holz in der Architektur im urbanen Raum einzusetzen, nehmen zu.
Bewohnbare Wolkenkratzer aus Holz gibt es zwar noch nicht, doch sind sie keine leere Wunschvorstellung: Hochhäuser mit bis zu zwanzig Geschoßen sind nach heutigem Forschungsstand mit Holz als konstruktivem Baumaterial zu bewerkstelligen.
Grünes Image
Die Publizistin Anne Isopp ist Chefredakteurin des auf Holzbau spezialisierten Magazins "Zuschnitt" und streicht die Vorteile hervor: "Es ist natürlich immer abhängig von der Bauaufgabe, aber: Holz ist ein nachwachsender Rohstoff, gerade in der Nachhaltigkeitsdiskussion hat es natürlich gute Karten. Es hat auch eine starke atmosphärische Komponente und eine hohe Festigkeit in Zusammenhang mit Leichtigkeit."
Vorteil mit Stigma
Leichtes Baumaterial ist einfacher zu transportieren und zu lagern. Dieser Umstand macht Holz nicht nur in der Herstellung, sondern auch in der Verarbeitung zu einem klimaschonenden Werkstoff. Zudem ist es nach Abbruch des Gebäudes leicht und ohne Rückstände zu entsorgen.
Dennoch sei Holz mit dem Stigma seiner Brennbarkeit behaftet, meint Anne Isopp: "Es ist ein bisschen eine Urangst, dass Holz brennt, obwohl man nachweisen kann, dass es die Feuerwiderstandsklassen ohne weiteres einhalten kann wie andere Materialien."
Unsichtbares Baumaterial
Dass die Wände und Decken von Häusern mit bis zu drei Stockwerken aus Holzelementen gefertigt sind, ist keine Seltenheit mehr. Dennoch ist Holz in Städten kaum sichtbar.
"Mit Stadt verbindet man ja selten Holzbauten, sondern eher steinerne. Aber selbst in Wien findet man ganz viele holzkonstruktive Elemente, allein in den Decken und Dächern. Wenn man wirklich einmal in die Struktur der Gebäude hineinschaut, ist immer viel Holz vorhanden gewesen", meint Isopp.
Diese Tendenz, in der Stadt das Holz durch andere Außenmaterialien zu verkleiden, finde heute immer noch statt - gerade bei höheren Häusern.
Bewährungsprobe Holzwohnhaus
Der Architekt Michael Schluder beschäftigt sich bereits seit mehreren Jahren im Rahmen eines Forschungsprojekts mit Hochhäusern aus Holz. Demnächst wird er in Wien ein Wohnhaus bauen, das bis auf die Aufzugs- und Stiegenkerne, vor allem aus Holz bestehen wird. Mit sechs Stockwerken wird es das höchste in Österreich sein.
Michael Schluder bezeichnet die Forschungen und Experimente, die Architekten, Bauherren und ausführende Firmen auf diesem Gebiet leisten, als Pionierarbeit: "Eine Holzbauplanung bringt mit sich, dass Details, die sonst recht schnell an die ausführende Firma weitergeleitet werden, zusätzliche Erklärung brauchen. Das ist natürlich ein Zeitfaktor und eine Mehrarbeit."
Kein Wettkampf der Holzhäuser
In London steht bereits ein neungeschossiges Wohnhaus aus Holz, in Berlin eines mit sieben Stockwerken. Von einem Wettkampf der Metropolen um das höchste Holzhaus kann jedoch keine Rede sein - vielmehr gibt es einen Erfahrungsaustausch, denn noch ist die Szene überschaubar.