Dichtung und Wahrheit in "Goethe!"

Liebeswirren auf Frischzellenkur

Mit "Die Leiden des jungen Werthers" hat Johann Wolfgang von Goethe 1774 einen der bekanntesten Briefromane der deutschen Literaturgeschichte geschrieben. Das stark autobiografische geprägte Werk wurde schon damals ein Bestseller. Nun hat der deutsche Regisseur Philipp Stölzl mit seinem Film "Goethe!" in einer Mischung aus Dichtung und Wahrheit eine Kinoversion angefertigt.

Mittagsjournal, 14.10.2010

Am Ende des Films ist Goethe ein Star, dessen Werk "Die Leiden des jungen Werther" schnell vergriffen ist. Ein Pop-Star der Literatur, von den Massen gefeiert. Parallelen zur Gegenwart sind keineswegs zufällig und an den Star-Anmutungen der heutigen Zeit und an einem jugendlichen Zielpublikum hat sich Regisseur Philipp Stölzl orientiert. Goethe (Alexander Fehling) ist hier ein trinkfester Dandy mit zweifelhaften Manieren, mit der Tendenz zur Respektlosigkeit gegenüber Autoritäten, inklusive eines Bruchs mit dem Vater. "Auf jeden Fall ist das kein steifes Biopic, in dem nur akkurat Fakten nacherzählt werden."

Vernunft siegt

Stölzl nutzt seine dramaturgische Freiheit entlang von inhaltlich Bekanntem: Denn um den jungen Goethe auf den rechten Weg zu bringen, schickt ihn der Vater nach Wetzlar in die Gerichtslehre. Dort lernt er Charlotte Buff (Miriam Stein) kennen und die Liebe bahnt sich ihren Weg, leider in die falsche Richtung, denn die Vernunft, also letztlich das Geld, ordnet die Beziehungen neu. Charlotte heiratet einen anderen, einen, der für die Familie sorgen kann, ausgerechnet Albert Kestner (Moritz Bleibtreu), Goethes Vorgesetzten bei Gericht.

Schauwerte dominieren

Der Poesie, die der Schriftsteller Goethe in seinem Werther-Original zu entfalten wusste, strebt der Film nicht nach. Also allzu dramatische Auswüchse und allzu viel Seelenschmerz wollte man dem Kinozuseher doch nicht zumuten. Regisseur Philipp Stölzl hält sich lieber an besser darstellbare Schauwerte, von ausführlichen Ausritten durch malerische Landschaften über modische Extravaganz in der Kleidung bis hin zum Pistolenduell.

Stölzl spitzt auch die Rivalität zwischen den Männern zu und verpasst auch damit den Liebeswirren eine Frischzellenkur. Ergebnis: eine Art Light-Version der literarischen Vorlage. Germanisten könnten die Nase rümpfen, Gymnasiasten angetan sein, wie auch immer: wirklicher Sturm und Drang sieht letztlich auch im Kino anders aus.

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