IHS-Chef Felderer sieht auch Vorteile

Budget: "Regierung unter Zeitdruck"

Laut Verfassung sollte Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) heute Mittwoch seine Budgetpläne vorstellen. Stattdessen zeiht er im Parlament eine Zwischenbilanz der Budgetverhandlungen, die noch im Gange sind. Ein Endergebnis wurde auf Dezember verschoben. Der Chef des Instituts für Höhere Studien (IHS), Bernhard Felderer, sieht die Regierung unter Zeitdruck.

"Länder haben Verantwortung für das Ganze"

Der Chef des Instituts für Höhere Studien (IHS), Bernhard Felderer, im Morgenjournal-Interview am 20.10.2010 mit

Widerstand gegen Strukturreformen

Offenbar werde hektisch verhandelt, Einigungen seien bisher nicht erzielt worden, stellt Felderer im Ö1-Morgenjournal fest. Der Zeitdruck könnte nach Ansicht Felderers aber auch den Vorteil haben, dass nicht lange nachgedacht wird über die Folgen von Entscheidungen beim Wähler. Große Meinungsunterschiede vermutet Felderer über Strukturreformen, vor allem mit den Ländern.

Verantwortung für das Staatsganze

Bei den Verhandlungen mit den Ländern hat sich die Regierung am Montag darauf geeinigt, dass es keine neuen Regeln für die Länderbudgets geben soll. Diese hätten die Länder stärker zum Sparen zwingen sollen. Auf die Frage, ob hier die Regierung eingeknickt ist, sagt IHS-Chef Bernhard Felderer im Ö1-Morgenjournal, es gebe mehrere Arten, die Länder zum Sparen zu bringen. Man werde aber erst sehen, ob die Länder bei Strukturreformen wie bei Schulen und Spitälern an einem gesamtösterreichischen Ziel interessiert sind, "nämlich den Gesamtstaat effizienter zu gestalten". Die Länder hätten aber eine starke Stellung, müssten aber auch einsehen, dass sie eine Verantwortung für das Ganze haben.

"Hackler": SPÖ muss sich bewegen

In den Budgetverhandlungen spießt es sich derzeit rund um die als Hackler-Regelung bekannte Frühpension. Die ÖVP möchte hier einsparen, die SPÖ wehrt sich noch dagegen. "Hier muss sich eine Seite bewegen, sonst wird es keine Lösung geben", sagt Felderer dazu und meint damit die SPÖ. "Die Hackler-Regelung ist weder sozial noch gerecht." Ein "Abschmelzen" der Hackler-Regelung wäre mit dem von der SPÖ geforderten Vertrauensschutz in Einklang zu bringen.

Wenig Begeisterung über Steuererhöhungen

Die Regierung verhandelt dieser Tage auch über Steuererhöhungen. IHS-Chef Felderer hat sich bis jetzt immer skeptisch zu Steuererhöhungen geäußert und gesagt, wenn alle Reformen umgesetzt werden, brauche man keine Steuererhöhungen. Ökologischen Argumenten für eine Erhöhung der Mineralölsteuer wäre er aber zugänglich. Die diskutierten Vermögenssteuern würden wenig Einnahmen bringen und könnten nur dazu dienen, um alle Einkommensschichten im selben Ausmaß zur Kasse zu bitten, so Felderer.

Parlament: Ministerklage und Misstrauen

Statt einer Budgetrede gibt Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) am Mittwoch dem Nationalrat einen Zwischenstand der Budgetberatungen. Die Opposition ist damit nicht zufrieden. Die FPÖ hat bereits am Dienstag einen Antrag auf Ministeranklage gegen Pröll und Kanzler Werner Faymann (SPÖ) angekündigt, die Grünen wollen mittels Misstrauensantrag den Finanzminister und Innenministerin Maria Fekter (ÖVP) aus dem Amt jagen. Freilich sind all diese Anträge mangels Mehrheit chancenlos. Das Thema Asyl wird in einer "Aktuellen Stunde" zu Beginn der Sitzung durchgenommen..

Morgenjournal, 20.10.2010