Zeitungen machen gegen Gesetz mobil

Berlusconi will maßgeschneiderte Immunität

In Italien versucht Regierungschef Silvio Berlusconi wieder und immer wieder ein Gesetz durchzubringen, das höchsten Amtsträgern, also auch ihm, Immunität vor Gerichtsverfolgung garantiert. Nun hat er versucht, das Gesetz auch auf das Amt des Staatspräsidenten auszuweiten - wohl sein nächstes politisches Ziel.

Mittagsjournal, 25.10.2010

Fini will Berlusconi nicht unterstützen

Fast hätte es so ausgesehen, als wäre Silvio Berlusconi seiner heiß begehrten Immunität näher gekommen. Aus der parlamentarischen Justizkommission kamen vergangene Woche positive Zeichen in Richtung Immunitätsgesetz. Die abtrünnigen Finianer hielten sich bedeckt. Und das Unternehmen "Rettet den Ministerpräsidenten vor der Justiz" schien einen Schritt weiter gekommen zu sein. Inzwischen ist der Burgfrieden aber wieder brüchig und Parlamentspräsident Gianfranco Fini stellt klar. Gianfranco Fini: "Wenn die Grundidee dieses Gesetz die ist: Wir wollen das Amt schützen und nicht die dahinter stehende Person, dann ist klar dass dieser Schutzschirm nicht mehrmals zum Tragen kommen kann."

Maßgeschneiderte Immunität für Berlusconi

Der Schutzschirm, das ist ein nach Justizminister Alfano benanntes Verfassungsgesetz, das Silvio Berlusconi vor Gerichtsverfahren schützen soll. Oder besser gesagt ihn vor bereits in Mailand und Rom anhängigen Prozessen bewahren sollte. Denn das Alfano-Gesetz würde rückwirkend auch Vergehen, vor Berlusconis Amtsantritt betreffen. Ein Passus, der in der ursprünglich dem Parlament vorgelegten Form nicht enthalten war. Und noch etwas ist neu: Die Immunität - so der Gesetzestext - soll auf mehrere Mandate ausgeweitet werden.

Mehrere Anläufe bereits

Mit anderen Worten: Sollte Berlusconi tatsächlich wie angestrebt Staatspräsident werden, wäre er auch dann vor dem Zugriff der Justiz geschützt. Verfassungsrechtler Michele Ainis kritisiert: "Es gab ja bereits einmal einen Vorschlag des heutigen Senatspräsidenten dazu. Damit sollte den fünf höchsten Ämtern im Staat Immunität garantiert werden. Das wurde vom Verfassungsgerichtshof abgelehnt. Später versuchte es der jetzige Justizminister. Er bezog sich nur mehr auf vier Ämter. Auch dieses Gesetz wurde als verfassungswidrig zurückgewiesen. Jetzt probiert er es wieder. Übrig bleiben aber nur mehr der Staats- und der Ministerpräsident. Es wäre also ehrlicher zu sagen: Das Gesetz ist für den Ministerpräsidenten. Und dann sollen die Italiener sich per Referendum dazu äußern."

Mehr als 100.000 Unterschriften gegen Gesetz

Die Opposition klagt daher an. Sie spricht von einem Schandgesetz, das zurückgezogen werden muss. Und die Tageszeitung La Repubblica hat zu einem Appell gegen das Gesetz aufgerufen. Weit über 100.000 Unterschriften sind bisher eingegangen. Berlusconi hat angesichts des starken Rückenwindes signalisiert, er werde jetzt die lang angekündigte Justizreform angehen. Nicht ohne jedoch vorher einmal mehr Richtern und Staatsanwälten Parteilichkeit vorzuwerfen.