Österreichische Bauten erwünscht

"Chinafalle" für Architekten?

China gilt in Architektenkreisen als gefährliches Parkett, auf das sich nur wenige wagen. Da kursiert etwa das Schlagwort der "Chinafalle". Ob China wirklich so gefährlich ist und die heimischen Kreativen im Reich der Mitte, das beim Kopieren bekanntlich wenig Hemmungen kennt, einfach nur abgezockt werden, hat vergangene Woche eine Delegation von 20 Architekten vor Ort untersucht.

Kulturjournal, 27.10.2010

Eine typische Straßenansicht in Shanghai: Bis ins 60. Oder 70. Stockwerk hängen Kühlaggregate wie Beulen an der Außenwand, daneben oft die Vogelkäfige, mit denen sich die Chinesen gerne ein Stück Natur in die Stadt zaubern. Die Wohntürme sind meist nüchterne Zweckbauten. Rasch errichtet mit schäbigen Fassaden, werden sie oft auch rasch wieder abgerissen.

Gebäude wie das 2008 eröffnete Shanghai World Financial Center - mit fast 500 Metern das höchste Gebäude der Stadt - zeigen, dass immer mehr auf ikonenhafte Qualitätsarchitektur Wert gelegt wird. Ikonenhaft heißt in diesem Fall: Das von dem amerikanischen Architekturbüro Kohn Pedersen Fox errichtete Gebäude sieht aus wie ein Flaschenöffner und trägt auch diesen Spitznamen.

Achten auf Feng Shui

Eine Architekturikone soll auch das Museum of Contemporary Art & Planning Exhibition in Shenzen werden, das zweite Projekt von Coop Himmelb(l)au in China. Nach seinen bisherigen Erfahrungen ist das Bauen in China keineswegs so verhängnisvoll, wie in Österreich gemunkelt wird. Das einzige Problem in China: auskragende spitze Ecken, wie sie typisch sind für die Architektur von Coop Himmelb(l)au, seien dort nicht unbedingt beliebt. Da hätten die Auftraggeber mit Hinweis auf schlechte Feng-Shui-Energie auf Abänderungen gepocht.

Stefan Beck vom Vorarlberger Architekturbüro Baumschlager/Eberle, das auf energieeffizientes Bauen spezialisiert und nun schon mit dem siebenten Projekt in China befasst ist, weiß nichts von einer Chinafalle. Aber Feng Shui, ja damit wurde er auch schon konfrontiert.

Hochhäuser als Machtsymbole

Während die Lehren des Feng Shui, mit denen nach der traditionellen Vorstellung die Geister der Luft und des Wassers geneigt gemacht werden sollen, für Menschen aus dem Westen nicht immer leicht nachzuvollziehen sind - andere irrationale Momente des Bauens sind dieselben wie bei uns. So sagt Michael Kwok, ein Hongkong-Chinese, der bei der britischen Firma Arup International arbeitet, die in der Shanghai-Niederlassung 200 Menschen aus elf Nationen beschäftigt, das Bauen von Hochhäusern sei oft ökonomisch gar nicht sinnvoll. Es sei für die Lokalpolitiker manchmal einfach ein Symbol für Wachstum und Macht. Die sagen dann: Könnt ihr nicht höher bauen? Auch wenn sie genug Platz haben.

Und er fügt hinzu: Chinesen fehle es oft an Kreativität, die sei ihnen in der Volksrepublik einfach abtrainiert worden. Das sagt auch die in China geborene Architektin Angela Zhao, die mit 14 nach Kalifornien auswanderte und jetzt nach China zurückgekommen ist, und bei dem renommierten Architekturbüro MADA angeheuert hat, das 1999 von Quing Yun Ma gegründet wurde. Sie sagt, in Kalifornien sei es seit der Wirtschaftskrise schwer, einen Job zu finden, hier habe man sie gleich genommen.

Milliardeninvestitionen in Hongkong

In den nächsten Jahren werden weiter Millionen von Menschen in die chinesischen Städte ziehen und es wird Milliardeninvestitionen im Bauwesen geben, sagt Simon Galpin, chinesisch-stämmiger Generaldirektor bei Invest Hong Kong, dem größten Developper in Hongkong. Er will Talente aus aller Welt nach Hongkong locken, um hier für mehr Wettbewerb zu sorgen.

Gerade in Hongkong wird in den nächsten Jahren ein ganzer Kulturdistrikt neu gebaut, auf dem Areal des ehemaligen Flugplatzes mitten im Hafen. Man hat bereits hochkarätige Architekten wie Sir Norman Foster und Rem Kohlhaas mit der Planung beauftragt. Nächstes Jahr wird es internationale Wettbewerbe für weitere Kulturbauten und die Wohnbauten dahinter geben, erklärt Chan Man-Wai, der Projektentwickler.

Offen für weitere Architekten

Ein Österreicher, der in China bereits einen Fuß in der Türe hat, ist der Architekt Oliver Irschitz, der an der Schnittstelle zwischen realen und virtuellen Räumen arbeitet und für den Österreich-Pavillon bei der EXPO in Shanghai eine aufsehenerregende Multimedia-Installation geschaffen hat, die es ermöglicht, dass man mit Schneebällen aus echtem Schnee virtuelle Lawinen auslösen kann.

Die Erfahrungen großer Büros wie Baumschlager/Eberle oder Coop Himmelb(l)au zeigen: China ist offen für weitere österreichische Architekten, die eine Talentprobe abgeben wollen.