Für geistig abnorme Rechtsbrecher

Rechnungshof: Ungesetzliche Haftbedingungen

Ein neuer Bericht des Rechnungshofes kritisiert den Umgang der Justiz mit geistig abnormen Rechtsbrechern. Aus Platzmangel würden viele von ihnen zusammen mit gesunden Insassen in normalen Gefängnissen oder in psychiatrischen Kliniken angehalten. Das ist ungesetzlich und teuer, so der Rechnungshof.

Morgenjournal, 30.10.2010

Spezieller Maßnahmevollzug

Im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen geistig abnorme Rechtsbrecher: das sind jene Straftäter, die aufgrund einer geistigen Beeinträchtigung zwar nicht schuldfähig, aber trotzdem gefährlich sind. Für sie ist ein so genannter Maßnahmevollzug in speziellen Justizanstalten vorgesehen. In Österreich sind das derzeit die Justizanstalten Göllersdorf, Wien Mittersteig, Stein, Garsten und Graz-Karlau.

Unterbringung mit gesunden Insassen

Der Rechnungshofbericht kritisiert jetzt, dass aus Platzgründen immer mehr geistig abnorme Rechtsbrecher in normalen Gefängnissen untergebracht werden- gemeinsam mit gesunden Insassen. Wegen der Vollbelegung in der Justizanstalt Göllersdorf seien laut Rechungshofbericht 63 Prozent der Betroffenen mittlerweile in psychiatrische Krankenhäuser verlegt worden. Das widerspricht erstens dem gesetzlichen Auftrag zur getrennten Unterbringung der Häftlinge und ist zweitens wesentlich teurer: denn in den Spitälern koste jeder Insasse pro Tag 624 Euro - fast viermal so viel wie in den Justizanstalten.

Keine Erstbegutachtung

Kritisiert wird auch, dass zurechnungsfähige Insassen oft jahrelang auf einen Behandlungsplan warten müssten. Im Vorjahr waren laut Bericht 66 Straftäter immer noch nicht erstbegutachtet, obwohl sie schon seit Jahren im Maßnahmenvollzug waren.

Neun Prozent der Häftlinge

Momentan fallen neun Prozent aller Häftlinge unter die Kategorie geistig abnorme Rechtsbrecher, in den letzten fünf Jahren ist die Zahl sogar um 22 Prozent gestiegen und verursache 19 Prozent der gesamten Ausgaben im Strafvollzug, so der Bericht.

RH vermisst Besserungsvorschläge

Kritik übt der Rechnungshof auch daran, dass das Justizministerium keine schriftlich festgelegte Strategie verfolge, wie der Maßnahmevollzug in Zukunft verbessert werden könnte. Außerdem könne man den Erfolg und die Qualität der Maßnahmen nicht messen, da das Justizministerium über keine aussagekräftigen Daten verfüge.

Ministerium weist Vorwürfe zurück

Das Justizministerium weist die Vorwürfe größtenteils zurück. Mit der Eröffnung einer weiteren Anstalt in Asten bei Linz seien zusätzliche 90 Plätze geschaffen worden, die in dem Bericht noch nicht berücksichtigt worden.