Experten begeistert, Länder gespalten

Großes Echo auf Stögers Spitälerplan

Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ) will den Einfluss der Bundesländer auf die Spitäler beschränken, um die steigenden Kosten in den Griff zu bekommen. Die Bundesländer reagieren teils mit völliger Ablehnung, teils aber auch mit Zustimmung. Experten sind jedenfalls voll des Lobes für Stögers Vorstoß.

Geteilte Reaktionen der Länder

Mittagsjournal, 03.11.2010

NÖ: "Falsches Pferd"

In Niederösterreich hat man mit dem Vorschlag des Gesundheitsministers für ein bundesweit einheitliches Krankenanstaltengesetz wenig Freude. Der für die Spitäler zuständige Landesrat Wolfgang Sobotka (ÖVP) sagt: "Wir wollen keine neuen Krankenanstaltengesetze. Wir wollen eine einheitliche Struktur, Finanzierung aus einer Hand, Verteilung auf neun Länderkassen. Der Minister geht vom vollkommen falschen Pferd aus. Er muss dafür sorgen, dass es eine einheitliche Finanzierung gibt, das weiß er seit Jahren."

Steiermark: Verständnis

Ganz anders die Position in der Steiermark. Hier ist Landesrätin Kristina Edlinger-Ploder, ebenfalls von der Volkspartei, für die Gesundheitsagenden zuständig. Sie sagt zum Vorschlag des Gesundheitsministers, eine Einigung auf generelle Ziele der Gesundheitsversorgung mache Sinn. "Das ist überhaupt keine Frage und dazu bin auch bereit." Auch die Länder würden bei der Gesundheitsversorgung sparen müssen.

Wien diskussionsbereit

Auch in Wien sieht Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) den Vorschlag Stögers positiv: Wien schrecke vor sinnvollen Veränderungen nicht zurück. Die zeigt sich diskussionsbereit über gemeinsame Leitlinien und ein bundesweites Krankenanstaltengesetz.

"Reserviert" im Burgenland

Im Burgenland will man möglichst umfassend über eine Gesundheitsreform diskutieren, nicht nur bei den Spitälern, sagt Gesundheitslandesrat Peter Rezar (SPÖ). Er meint zum Stöger-Vorschlag eines Bundes-Krankenanstaltengesetzes, man beurteile das "etwas reserviert". Gespräche darüber sollte es geben, aber man dürfe die Gesundheitsreform nicht nur an den Krankenanstalten festmachen.

Kärnten: "Ablenkungsmanöver"

Reden könne man über alles, meint der Kärntner Landeshauptmann Gerhard Dörfler (FPK). Minister Stöger sollte die Länder einladen und seine Konzepte vorstellen. Er sei grundsätzlich für jede Diskussion offen. Grundsätzlich hält Dörfler das aber für ein Ablenkungsmanöver der Koalition.

Tirol dagegen

Der Tiroler Gesundheitslandesrat Bernhard Tilg (ÖVP) ist entschieden gegen Spitalskompetenz in der Hand des Bundes. Die Tiroler Spitäler seien "60 Prozent kosteneffizienter" als die Spitäler in Wien. "Da sollte man sich nicht Gedanken darüber machen, effiziente Spitäler zu zentralisieren. Alles was der Bund in den letzten Jahren eingeführt hat, wie die Qualitätskriterien für Spitäler, hat nur zu enormen Kostenzuwachs geführt."

Salzburg: Bund und Regionen

Die Salzburger Landeshauptfrau Gabi Burgstaller (SPÖ) kann einer Gesetzgebung durch den Bund etwas abgewinnen, Ausführung und regionale Planung müssten aber in den Regionen bleiben. Abgesehen davon müsse aber das in Spitäler und niedergelassenen Bereich gespaltene Gesundheitswesen in eine Hand zusammengeführt werden.

Gesundheitsökonomen begeistert, aber skeptisch

Mittagsjournal, 03.11.2010

"Die Idee ist Spitze"

Fast schon euphorisch kommentiert Gesundheitsökonom Ernest Pichlbauer, was Alois Stöger da mit den Spitälern vorhat. "Die Idee ist Spitze. Den Ländern die Möglichkeit zu nehmen, Spitalspolitik zu betreiben nach einer Willkür ohne jegliche Vernunft, ist einfach eine gute Idee. Die Frage ist halt nur. ob er es wirklich auf den Boden bringt. Und als gelernter Österreicher bin ich, was das betrifft, sehr skeptisch."

Umsetzung fraglich

Selbst wenn die Länder es zuließen, dass ihre Kompetenzen im Spitalswesen geschmälert werden, sei auch damit noch lange nicht gesagt, dass sie die Maßnahmen wirklich umsetzen, sagt Pichlbauer. Beispiel dafür sei der "wirklich tolle" Gesundheitsstrukturplan von ÖVP-Ministerin Maria Rauch-Kallat im Jahr 2005 gewesen, den jeder ignoriert habe.

Zudem wäre eine solche Änderung im Spitalswesen ohnehin nur ein erster Schritt. Die Gesamtplanung müsste bei der Prävention beginnen und bei der Pflege aufhören, bei einer Finanzierung aus einer Hand. "Aber die Spitäler in Österreich, so wie sie existieren, sind schlicht irrational."

Mehr Kontrolle

Grundsätzliche Zustimmung für die Spitalspläne des Gesundheitsministers kommt auch von Thomas Czypionka vom Institut für Höhere Studien (IHS): Das würde eine stärkere Homogensierung des Leistungsangebots und eine bessere Kontrollmöglichkeit bringen. Aus den Ländern ist bisweilen das Argument zu hören, dass man Vorort besser wisse, was in der Region gebraucht wird, als dies in Wien der Fall sei. Ein Argument, das der Experte nicht gelten lässt. "Das betrifft Details, aber nicht das große Bild." Die Kompetenzen der Länder im Spitalswesen zu beschneiden, hätte für Czypionka den Vorteil, dass die wichtigen Zahler Bund und Kassen mehr mitzureden hätten.

Sanktionen nicht möglich?

Unterm Strich ist aber auch der IHS-Experte nicht allzu optimistisch, dass Stögers Pläne auch wirklich Realität werden: In der 15a-Vereinbarung gebe es schon seit einiger Zeit die Möglichkeit, Sanktionen bei Nichteinhaltung auszusprechen. Das sei aber noch nie angewendet worden.

Fazit beider Experten: Die Idee Stögers sei gut, aber ob die Umsetzung gelingt, sei eine andere Frage.