"Kein Schmiergeld geflossen"

Korruptionsvorwürfe: ÖBB wehren sich

Haben die ÖBB Bestechungsgelder an ungarische Politiker gezahlt, um den Zuschlag für die MAV Cargo zu erhalten? Der Anwalt eines beschuldigten Ex-ÖBB-Managers beruft sich nun auf Informationen von der ungarischen Staatsanwaltschaft, wonach das Geld noch immer auf dem Konto einer ungarischen Lobbyingagentur liege. Daher könne kein Schmiergeld geflossen sei.

Mittagsjournal, 06.11.2010

Geld noch auf Konto

Rechtsanwalt Lukas Kollmann vertritt den früheren Rail-Cargo-Vorstand Gustav Poschalko, einen jener ÖBB-Manager, gegen die wegen des Verdachts auf Schmiergeldzahlungen beim Kauf der ungarischen Güterbahn MAV Cargo im Jahr 2008 ermittelt wird. Über die Agentur des ungarischen Lobbyisten Andras Gulya sollen die ÖBB Bestechungsgelder an ungarische Politiker gezahlt haben, um den Kauf der MAV Cargo einzufädeln. Im Jahr 2009 habe es eine Überweisung von fast 6 Millionen Euro an den Lobbyisten gegeben habe, sagt Kollmann und beruft sich dabei auf Informationen von der ungarischen Staatsanwaltschaft. Der Großteil, laut Kollmann 95 Prozent des Geldes, würden noch immer auf diesem Konto liegen. Das entkräfte die Schmiergeldvorwürfe, so der Anwalt.

"Legales Lobbying"

Kollmann sagt, er könne zwar weder für andere ÖBB-Manager sprechen, noch für den Aufsichtsratspräsidenten Horst Pöchhacker, der zuletzt scharf kritisiert wurde, weil er angeblich in einer Aufsichtsratssitzung im Jahr 2008 offen über Schmiergeldzahlungen diskutiert habe. Aber, so Kollmann, die Tatsache, dass das fragliche Geld immer noch auf dem ungarischen Konto sei, lasse den Schluss zu, dass es sich um legales Lobbying gehandelt habe und dass der Vertrag der ÖBB mit dem Lobbyisten Gulya korrekt gewesen sei. In jedem Fall könne er ausschließen, dass sein Mandant Gustav Poschalko in Schmiergeldzahlungen verwickelt gewesen sei.

Hausdurchsuchung mit Verspätung

Der Korruptionsstaatsanwaltschaft werde man demnächst entsprechende Unterlagen vorlegen, so Kollmann. Und noch in einem weiteren Punkt geht der Anwalt in die Offensive: Die ungarische Staatsanwaltschaft hätte die österreichischen Behörden bereits 2009 im Zusammenhang mit Ungereimtheiten beim Kauf der MAV Cargo um Amtshilfe gebeten, aber erst über ein Jahr später, Anfang Oktober 2010, gab es Hausdurchsuchungen in der ÖBB-Zentrale und in privaten Wohnsitzen von ÖBB-Managern. Der Grund für diese Verzögerung sei nicht nachvollziehbar, so Kollmann.

"Bürokratische und organisatorische Gründe"

Die Frage, ob er politische Motive hinter den Hausdurchsuchungen orte, weil sie just eine Woche vor der Wiener Landtagswahl stattfanden, will Kollmann nicht kommentieren. Bei der Korruptionsstaatsanwaltschaft heißt es, wenn ein Ansuchen um Amtshilfe aus dem Ausland komme, sei es aus bürokratischen und organisatorischen Gründen nicht ungewöhnlich, dass es länger dauere, bis Ermittlungen anlaufen. Dass das Geld für den ungarischen Lobbyisten zum Großteil noch immer auf dem ungarischen Konto liege, könne man weder bestätigen noch dementieren, so die Korruptionsstaatsanwaltschaft.