Landschaftskunst im Künstlerhaus

(Re)designing Nature

Ökologisch nachhaltiger Städtebau: Dafür sind unter anderem die Landschaftsarchitekten zuständig. Unter dem Eindruck von Klimawandel und Metropolenwachstum wird diese Branche immer wichtiger - und immer kreativer. Das Verhältnis Pflanze-Mensch interessiert aber auch zusehends Künstler.

Das alles beweist eine neue Ausstellung im Wiener Künstlerhaus: "Redesigning Nature. Aktuelle Positionen der Naturgestaltung in Kunst und Landschaftsarchitektur."

Kultur aktuell, 25.11.2010

Guerilla Gardening im Vormarsch

Im Wiener Künstlerhaus grünen und blühen Exponate um die Wette. In einem großräumigen Schutthaufen nisten kleine Tropenpflanzen. Und fast stolpert man über die Pflanzmodule der dänischen Künstlergruppe N55. Es sind weißliche Stoffsäcke mit Erde und runden Löchern, aus denen büschelweise Küchenkräuter sprießen. Solche Säcke haben die Künstler ungefragt auf Gehsteigen und Plätzen abgelegt. Wasser bekommen die Kleinstplantagen durch Schläuche, mittels derer Hydranten oder städtische Brunnen angezapft werden.

Kunstaktionen wie diese werden häufiger, und es gibt einen Ausdruck dafür: Guerilla Gardening. Manchmal nehmen auch Normalbürger urbane Freiflächen in Beschlag, um dort anzubauen. Auf Brachen in Berlin geschieht das öfters. Und im heruntergekommenen Zentrum von Detroit legten Bewohner einfach Gemüsegärten an. Wie oft in solchen Fällen, wollten später Investoren die Grundstücke kassieren, erzählt Susanne Witzgall vom Kuratorenteam der Ausstellung: "Das wurde Gott sei Dank abgewendet und mittlerweile unter dem neuen Bürgermeister auch gefördert, dass die Bürger ihre Gärten weiter führen können."

Grüninsel im Slum

Gärten und Parks an Stellen, wo man nicht damit rechnet: Das ist momentan ein Haupttrend in der Landschaftsarchitektur. Eine aufgelassene Hochbahntrasse in Manhattan wurde zum Park. Vielerorts wurden Landschaftsarchitekten damit beauftragt, aus Müllhalden grüne Erholungsräume zu machen. Wie etwa am Rand von Tel Aviv. In der Hauptstadt von Bangladesch legte ein Landschaftsarchitekt mitten in einem Pfahlbau-Slum am Wasser eine kleine Grüninsel an - zur Begeisterung der Bewohner.

Weniger leicht zu realisieren sind die Ideen des belgischen Künstlers Vincent Callebaut. Kuratorin Susanne Witzgall erklärt das Sujet auf dem Ausstellungsplakat: "Dieses Projekt ist eine Art Flugobjekt, das an einer Algenfarm auftankt – aus Algen wird quasi Treibstoff gewonnen, mit dem dieses Flugobjekt durch die Welt gondeln kann. Angeblich hätte das nach seiner Planung nur zehn Prozent der Energiekosten verursacht wie der herkömmliche Flugverkehr." Diese spacig eleganten Luftschiffe haben die Form länglicher Blütenknospen.

Es sei auch ein interessanter Faktor, dass jetzt ökologische Tendenz nicht mehr "so mit Birkenstock-Ästhetik zu tun hat, sondern dass da wirklich hippe Ästhetik und ökologischer Anspruch zusammenkommen", meint Witzgall weiter.

Autos in der Stadt

Die Kritik an mangelndem Umweltbewusstsein kommt in der Ausstellung auch nicht verschroben daher. Die holländische Gruppe Observatorium hat dicke unförmige Styropor-Platten mit Bitumen angestrichen und zu einem Haufen geschichtet. Aus jeder Platte ist ein P wie Parkplatz ausgeschnitten. Es sind 1:1-Modelle von Parkplätzen: 5 Meter lang, 2 Meter breit, und 40 Zentimenter dick.

"Ich hasse Autos!" So Andre Decker von Observatorium zum Thema "Autofahren in der Stadt". "Ich komme hier im schönen Wien an und was passiert mir? Es ist übervoll mit Autos und die düsen hier durch die Stadt", so Decker, aber: "Ich kann das nicht verurteilen, vielleicht müssen die durch die Stadt düsen."

Textfassung: Ruth Halle

Service

"(re)designing nature. Aktuelle Positionen der Naturgestaltung in Kunst und Landschaftsarchitektur", 26. November 2010 bis 23. Jänner 2011, Künstlerhaus Wien,
Ö1 Club-Mitglieder bekommen ermäßigten Eintritt (30 Prozent).

Künstlerhaus - (re)designing nature

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