Serbische Minderheit gespalten

Parlamentswahl im Kosovo

Im Kosovo finden am Sonntag vorgezogene Parlamentswahlen statt. Um die 1,6 Millionen Stimmberechtigten werben 29 Listen. Dazu zählen dieses Mal auch acht Parteien der serbischen Minderheit. Das ist bemerkenswert, weil die Mehrheit der Politiker in Serbien für einen Boykott der Wahlen im Kosovo ist.

Mittagsjournal, 10.12.2010

Boykott missachtet

Stärker als dieser Boykottaufruf Belgrads ist offensichtlich die Erkenntnis der Mehrheit der Kosovo-Serben. Sie können ihre Existenz im seit Februar 2008 unabhängigen Kosovo nur sichern kann, wenn sie in den Institutionen dieses jüngsten Staates in Europa vertreten sind. 2006 gegründet war die SLS die erste Serben-Partei des Kosovo, die den von Belgrad verordneten Boykott missachtete und 2007 an der Parlamentswahl teilnahm. Obwohl nur etwa 800 Serben wählten, stellte die SLS zwei Minister, zuständig für Arbeit und Rückkehr. Denn die Verfassung des Kosovo garantiert den Serben 10 der 120 Mandate und zwei Minister, unabhängig von der Wahlbeteiligung.

"Wir können die Weltordnung nicht ändern“

Beim Wahlkampf im Dorf Prilusije verweist SLS-Vorsitzender Slobodan Petrovic auf die Erfolge seiner Partei. Durch den Bau von Wohnungen sei 300 serbischen Familien die Rückkehr in den Kosovo ermöglicht worden. Straßen und Kanalisation seien gebaut und für 2.000 Serben ein Arbeitsplatz geschaffen worden.

Warum die SLS antritt begründet Slobodan Petrovic so: "Wir sind uns bewusst, dass es Dinge gibt, die wir nicht beeinflussen können. So können wir die Weltordnung nicht ändern und auch nicht über den Status des Kosovo entscheiden. Doch das gibt uns nicht das Recht, dass wir nicht jene Dinge beeinflussen, die wir beeinflussen können. Das ist das tägliche Leben, das Fehlen von Strom oder Wasser, Arbeitsplätze und Wohnungsfragen."

Acht Listen von Serben

Diese Meinung teilen immer mehr Serben, und daher treten dieses Mal bereits acht Listen an. Dazu zählt die "Serbische Einheitsliste", die von der Ärztin Rada Trajkovic angeführt wird. Ihr Antreten sieht sie als Test für die albanische Mehrheit. Rada Trajkovic: "Jetzt wird sich zeigen, ob es im Parlament des Kosovo zu einem tatsächlichen interethnischen Dialog kommen kann, den es bisher nicht gegeben hat. Wird die albanische Seite Verständnis für die serbischen Probleme haben? Das müssen wir durch unser Handeln feststellen und zwar in dem Sinne, dass wir die Rechte einfordern werden die uns diese Verfassung garantiert."

Wahlboykott im Norden

Die Parlamentswahl vertieft die Spaltung unter den 100.000 Kosovo-Serben. Die Mehrheit südlich des Flusses Ibar lebt unter den Albanern und muss sich daher integrieren, um zu überleben. Der kompakt besiedelte serbische Norden wird dagegen die Wahl wieder boykottieren. Kooperationswillige Serben gelten als Verräter und wurden wiederholt bedroht.

Dazu sagt Rada Trajkovic: "All jene die große Worte des Patriotismus ausgesprochen haben, waren systematisch und tief mit der Mafia verbunden. Das ist auch Realität des Nordens des Kosovo. Sie wollen dort nicht ein Mal eine serbische Rechtsordnung, denn sie wollen nur ein Gebiet, das sie vollständig kontrollieren, ohne sich gegenüber irgendwem oder irgendetwas verantworten zu müssen."

"Sichere Zukunft" ungewiss

Nach zwei Jahren im Kosovo ist es auch der EU-Polizei-Mission EULEX noch nicht gelungen, rechtsstaatliche Verhältnisse im Norden herzustellen. Ein Wahlkampf wird dort daher kaum stattfinden. Die von der SLS plakatierte "Sichere Zukunft für alle" wird daher vor allem im Norden des Kosovo noch recht lange auf sich warten lassen.