Darabos lädt Experten

Wehrpflicht auf dem Prüfstand

In Österreich wird seit ein paar Monaten über die Abschaffung der Wehrpflicht diskutiert. Die "Kronen-Zeitung" macht sich dafür stark, Wiens Bürgermeister, Michael Häupl, ebenso. Jetzt will sich Verteidigungsminister, Norbert Darabos (SPÖ) mit Militärexperten mehrerer Länder über Vor- und Nachteile der Wehrpflicht austauschen.

Morgenjournal, 15.12.2010

Enquete über Wehrpflicht,

Berechnungen laufen

Bis Ende Dezember lässt SPÖ-Verteidigungsminister Norbert Darabos in seinem Haus fünf Wehrsystem-Modelle erstellen - die Palette reicht von der aktuellen Wehrpflichtigen-Armee bis hin zu einem reinen Berufsheer. Derzeit werden die Kosten ausgerechnet, dann wird die politische Debatte angegangen. Solange es kein billigeres und effizienteres Modell gibt, sympathisiert Darabos mit dem jetzigen Modell, so Minister Darabos kürzlich im Ö1-Morgenjournal.

Armee für Status Quo

Auch die heimische Militärspitze ist gegen die Abschaffung der Wehrpflicht. Hauptargument ist stets: mit dem kleinen Heeresbudget seien die aktuellen Aufgaben - das sind Katastrophenschutz, Auslandseinsätze und Landesverteidigung - nur mit dem jetzigen System zu erfüllen. Eine Freiwilligenarmee oder ein Berufsheer kämen teurer.

Europatrends zu Berufsheer

Europaweit geht der Trend freilich eindeutig in Richtung Berufsheer. Und das wird sich auch bei der heutigen Enquete bemerkbar machen. Vertreter Belgiens, Sloweniens, Ungarns und der Slowakei werden berichten, wie es ohne Wehrpflicht läuft. Schweden hat sie heuer erst ausgesetzt, Deutschland folgt Mitte nächsten Jahres. In der Schweiz wird wie in Österreich darüber diskutiert, nur Finnland hat sich dezidiert für die Beibehaltung des verpflichtenden Dienstes entschieden.

Deutschland setzt Wehrpflicht aus

In Deutschland beschließt die Regierung heute die radikalste Bundeswehrreform der Geschichte. Die Wehrpflicht wird ab 1. Juli 2011 ausgesetzt, die Zahl der Soldaten um mehr als ein Viertel auf 185.000 gesenkt. Der frühere Bundeswehrgeneral und NATO-Stabschef Karl-Heinz Lather verteidigt die Aussetzung der Wehrpflicht. Lather sagt, die Entscheidung sei konsequent.

Lather ist Teilnehmer an der österreichischen Enquete. Er war lange Jahre hochrangiger Militär in der Deutschen Bundeswehr - am Ende General, und ganz zuletzt Stabschef im NATO-Hauptquartier in Europa, kurz SHAPE. Ende September ist Karl-Heinz Lather in den Ruhestand getreten, davor war er aber noch eines von sechs Mitgliedern der deutschen Bundeswehr-Strukturkommission, die die Reform des deutschen Heeres vorbereiten sollte -
diese Kommission beurteilte dann letztlich auch die Frage, ob Deutschland sich von der allgemeinen Wehrpflicht verabschieden, ganz genau formuliert: sie aussetzen soll: wofür sich unser Nachbarland kürzlich tatsächlich entschieden hat.

Morgenjournal, 15.12.2010

Der Deutsche Ex-Bundeswehr-General Karl-Heinz Lather im Interview mit

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