"Hundertausende werden weiter machen"

Gerfried Stocker über WikiLeaks

Die Aktivitäten von WikiLeakshaben europaweit zu Debatten über das Für und Wider von Veröffentlichung geheimer Dokumente geführt. Viele - wie etwa Gerfried Stocker, der Leiter des Ars Electronica Centers in Linz, halten diese Diskussionen für einen positiven Aspekt der WikiLeaks-Affäre.

Kulturjournal, 15.12.2010

"Es hat den Anschein, dass da mit einer riesigen Keule auf etwas hingeschlagen wird. Dass man sich mehr auf die westliche Welt konzentriert hat, aber auch als Enthüller stärker in Erscheinung getreten ist, das ist eine wichtige Entwicklung von WickiLeaks."
(Gerfried Stocker)

Vom Preisträger zum Buhmann

Julian Assange holte sich 2009 für WikiLeaks eine Auszeichnung des Prix Ars Electronica in Linz ab. Der engagierte Internetjournalist steht damit in einer Reihe von herausragenden Preisträgern wie Jimmy Wales von wikipedia oder Tim Berners Lee dem Erfinder des world wide web. In seinem Festivalvortrag vor Künstlern und Journalisten sagt Julian Assange 2009: "Große gesellschaftliche Reformen nehmen ihren Anfang, in dem man Dinge ans Licht bringe, die die Reform auslösen."

Mittagsjournal, 15.12.2010

Erst die Ärgsten, dann der Westen

Wie schnell die Debatte über die Veröffentlichung geheimer Dokumente im Internet da sein würde, hat den Enthüllungsjournalisten wohl selbst überrollt, ja seine Reputation schwer angegriffen. Und das obwohl noch eine Ansage vor einem Jahr in Linz die neue Stoßrichtung von WikiLeaks festlegte, Julian Assange damals: "Begonnen haben wir mit den Ländern, die wir für die korruptesten gehalten haben - die, die sofort an den Pranger gehören und am dringendsten von Korruption befreit werden müssen. Jetzt konzentrieren wir uns global .auch auf den Westen. Denn der Westen unterstützt und verbreitet durch seine eigene Korruption, die Korruption und Ungerechtigkeit in Entwicklungsländern und in Quasi-Demokratien wie China."

Strukturwandel der Öffentlichkeit

Gesagt, getan: 2010 hat WikiLeaks als offene Internetplattform in Zusammenarbeit mit internationalen Qualitätsmedien wie zB dem Guardian oder dem Spiegel, 0,5 Prozent von rund 250.000 Diplomatengeheimdokumenten veröffentlicht. Die Folgen für WikiLeaks und Julian Assange sind bekannt. Für den Internetfachmann, Medienkünstler und Leiter der Ars Electronica Gerfried Stocker hat WikiLeaks vor allem eines gebracht: eine lebhafte Debatte über Öffentlichkeit: "Jetzt wissen wir, was es bedeutet im Zeitalter des Internet zu leben." Es gebe eine Form von .Öffentlichkeit, wie wir es bisher gar nicht denken konnten, so der AEC-Chef.

Die Debatte über die Frage, wieviel Öffentlichkeit die Demokratie braucht hat gerade begonnen. Die Zukunft von WikiLeaks und Julian Assange sieht Gerfried Stocker klar: "Die Arbeit, die Assange angestoßen hat, werden Hunderttausende in diesem Netzwerk fortsetzen, weil es dafür eine Notwendigkeit gibt."

Übersicht

  • Medien
  • WikiLeaks